Was zeichnet das besondere Pflegekonzept der domino-coaching Stiftung aus?

Lutz Karnauchow:
 domino-coaching™ reduziert durch gezieltes körperliches Training und Elemente der Motivationspsychologie das Maß der Pflegebedürftigkeit. Die Betroffenen können dadurch selbst gesteckte Ziele erreichen, ihre Selbstständigkeit und das Wohlbefinden stärken sowie im Idealfall nach einem stationären Aufenthalt in die eigene Häuslichkeit zurückkehren. Pflegekräfte begleiten die Betroffenen dabei. Sie stehen app-gestützt und als persönliche Coaches zur Seite, schließen Zielvereinbarungen mit den Betroffenen ab und evaluieren die Fortschritte. Die Mitarbeitenden verfügen über klassische Berufsabschlüsse und erhalten eine Qualifizierung als domino-coach. Diese Tätigkeit vermittelt sinnstiftendes Handeln, beugt psychischen Erschöpfungszuständen vor und erhöht die Arbeitszufriedenheit. Kompensiert wird die Investition in Fortbildung und rehabilitative Maßnahmen dadurch, dass körperlich fitte Patienten weniger Aufwand in der somatischen Versorgung verursachen. Stationäre Einrichtungen profitieren von einer höheren Auslastung infolge der hohen Kundenakzeptanz. Der infolge zufriedener Mitarbeitender mögliche Verzicht auf Personal-Leasing erspart beträchtliche Zusatzkosten. Wir haben daher die Erfahrung gemacht: domino-coaching verbessert die Situation der Betroffenen, der Mitarbeitenden, der Leistungserbringer und der Kostenträger.

Warum ist es so wichtig, einen rehabilitativ-therapeutischen Ansatz in die Pflege stärker einzubinden und warum ist Ihnen der Begriff „Coaching“ wichtig?

Lutz Karnauchow: Allein durch die zunehmende Alterung wird die Zahl der pflegebedürftigen Menschen beispielsweise in Berlin bis 2055 um 47% steigen. Wie im gesamten Bundesgebiet kommt in Berlin-Brandenburg ein anhaltender Fachkräfteengpass in der Pflege erschwerend hinzu. Es ist unumgänglich, Maßnahmen für ein möglichst lang selbstbestimmtes Leben zu nutzen und die Attraktivität des Pflegeberufs zu steigern. Trotz Initiativen und Reformen werden Pflegeeinrichtungen derzeit als Verwahranstalten wahrgenommen. Nicht zuletzt deshalb, weil Präventions- und Rehabilitationspotentiale von Bewohnerinnen und Bewohnern nicht ausgeschöpft werden. Individuelle Rehabilitationsbedarfe von Pflegebedürftigen werden oftmals zu spät erkannt oder fälschlicherweise als zu gering eingeschätzt. Wir glauben, dass ein rehabilitativ-therapeutischer Ansatz in der Pflege eine vielversprechende Möglichkeit darstellt, die Versorgung und Arbeitsattraktivität in der Pflege zu verbessern. Den Begriff „Coaching“ verwenden wir bewusst im Gegensatz zum Begriff „Pflege“ in der herkömmlichen Altenpflege. domino-coaching besteht zu 50% aus Motivationspsychologie und zu 50% aus Bewegungstherapie. Jedem Patienten steht ein Coach zur Seite, der ihn anleitet und motiviert, die selbst gesteckten Ziele zu erreichen. Alle Bewohnenden in den stationären Einrichtungen treiben täglich mindestens eine Stunde Reha-Sport.

Welche Anforderungen bestehen an die Mitarbeitenden, damit das Konzept bestmöglich umgesetzt werden kann?

Lutz Karnauchow: Qualitativ gute Pflege hängt von der Zufriedenheit der Mitarbeitenden ab. Alle in der Pflege Beschäftigten, sowohl Helferinnen und Helfer als auch Pflegefachkräfte, erhalten eine interne Schulung zum domino-coach. Die gelebte Wertschätzung als prinzipiell positive Grundhaltung gegenüber einem Anderen hilft dem Coach, einen raschen Zugang zum Patienten zu finden. Je nach Eignung werden den zu Schulenden begleitend zur Vermittlung des theoretischen Wissens ein oder mehrere Patienten zugeteilt. Das Coaching verläuft App-gestützt. Die App wurde eigens entwickelt und erleichtert dem Mitarbeitenden das Coaching. Anfänglich wird mittels geriatrischer Assessments der Zustand des Patienten beschrieben. Eine Aktualisierung dieser Daten erfolgt monatlich. Kleingruppensupervisionen finden ebenfalls monatlich statt. Das Bewegungstraining erfolgt in Gruppen und in Eigeninitiative. Aufgabe der Coaches ist es, die Therapie zu unterstützen und auch die Angehörigen der Patienten als Cotrainer für den Prozess zu gewinnen.

Welche Erfahrungen haben Sie vor Ort in den Einrichtungen bereits machen können? Welche Herausforderungen gibt es?

Lutz Karnauchow: Wir praktizieren domino-coaching seit über 20 Jahren in unseren 12 stationären, teilstationären und ambulanten Einrichtungen. Das Verfahren wird ständig weiterentwickelt und angepasst. Diese „Reha light“ wird in den stationären Einrichtungen jedem Patienten ohne Mehrkosten zuteil. Eine Fraunhofer-Studie belegt, dass das ganzheitliche Pflegeverfahren Selbständigkeit und subjektives Wohnbefinden fördert. Manche Bewohnenden berichten sogar, dass sie bei uns schneller zu Kräften kommen als in Reha-Einrichtungen. Für Bewohnende mit sehr hohem Reha-Potenzial und dem Ziel, wieder in die eigene Häuslichkeit zurückzukehren, sehen wir die sogenannten Leuchtturm-Gruppen vor. Hier trainieren Menschen nach einem besonders anspruchsvollen Plan, um ihr Leben in Eigenständigkeit wiederzuerlangen. Als Grundvoraussetzung für ein funktionierendes domino-coaching erachten wir das im Unternehmen praktizierte Management- und insbesondere Mitarbeiterführungssystem.
 

Praxisdialog:Altenpflege durch Motivation und Rehabilitation verbessern

Lutz Karnauchow, Gründer von domino-world berichtet im Online-Praxisdialog am 2. November um 11 Uhr, wie Prinzipien der Rehabilitation auf die Altenpflege übertragen werden können, was das konkret für die stationäre und ambulante Pflege bedeutet, und welche Erfahrungen damit gemacht wurden. Seien sie dabei und melden Sie sich an! Seien Sie dabei und tauschen Sie sich aus – melden Sie sich unter praxisdialog@pflegenetzwerk-deutschland.de an!