Ein Mann und eine Frau mit Brille sind in einem nebeneinanderstehenden Porträt zu sehen. Der Mann hat schulterlanges Haar und trägt einen Anzug. Die Frau hat kurzes, graues Haar und trägt eine bunte Brille und ein gemustertes Outfit. Beide lächeln leicht.

Im Vorfeld des Praxisdialogs „Vorteil Vernetzung: Wissen, Kompetenzen, Perspektiven“ beim Deutschen Pflegetag am 7. November (ab 17:15 Uhr, Raum Alpha 3) trafen wir zwei unserer Podiumsgäste zum Gespräch: Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats, und Prof. Dr. Thomas Druyen, Zukunftsforscher an der Sigmund Freud Privatuniversität Wien. Beide haben kürzlich ihr gemeinsames Buch „Pflege.Zukunft.Menschenrecht – zehn Empfehlungen für die Pflege von morgen“ veröffentlicht und auf der Frankfurter Buchmesse vorgestellt.

Die Pflege steht unter enormem Druck: Der Bedarf ist riesig, doch es fehlen Fachkräfte, um ihn zu decken. Das Gesundheits- und Pflegesystem steckt mitten im Umbruch, und allen ist klar, dass Veränderungen dringend nötig sind. Doch Ungewissheit und Sorgen begleiten diesen Wandel – besonders angesichts der angespannten wirtschaftlichen Lage. Gibt es trotzdem Grund zur Hoffnung?

Christine Vogler: Für mich gibt es immer Grund zur Zuversicht. Wir haben viele Initiativen gestartet, die noch ihre Wirkung entfalten werden. Die neuen Gesetze zur Stärkung der Pflege – wie das Pflegestudiumstärkungsgesetz, das geplante Pflegekompetenzgesetz und der  im Gesetzgebungsverfahren befindliche Entwurf für ein Pflegefachassistenzgesetz – sollen Pflegekräfte besser unterstützen, ihre Kompetenzen erweitern und die Versorgung verbessern. Sie öffnen neue Türen für die Pflege als Beruf und stärken die professionelle Versorgung der Menschen.

Prof. Thomas Druyen: Obwohl wir die Herausforderungen des demografischen Wandels schon lange kennen, stehen wir mit dem Rücken zur Wand –. Ideal wäre, präventiv zu handeln. Doch selbst in der aktuellen Notlage bieten sich neue Chancen, zum Beispiel durch Künstliche Intelligenz. Sie wird die Gesundheitsberufe verändern. Mehr Pflege, weniger Verwaltung. Mehr technische Unterstützung, weniger Stress. Mehr Prävention, weniger Engpässe.

Wie schaffen Sie es, so engagiert zu bleiben? Was gibt Ihnen Kraft und Zuversicht?

Christine Vogler: Ich möchte in einer Gesellschaft leben, in der soziale Fragen wichtig sind und im Sinne der Menschen entschieden werden. Schon früh habe ich die Lücke zwischen den Möglichkeiten der Pflege und dem Verständnis in Politik und Gesellschaft bemerkt. Demokratie und soziale Gerechtigkeit entstehen nicht von selbst, sie erfordern Einsatz. Deshalb engagiere ich mich berufspolitisch, um die professionelle Versorgung und die Wertschätzung der Pflege zu stärken. Es gibt Erfolge, auch wenn noch viel zu tun ist.

Prof. Thomas Druyen: Pflege ist essenziell – sie begleitet uns von der Geburt bis zum Lebensende. Sie ist das Fundament für eine funktionierende Gemeinschaft. Wer bereit ist, für eine empathische und unterstützende Gesellschaft einzustehen, leistet einen wertvollen Beitrag. Verantwortung tragen wir alle, nichts ist selbstverständlich.

Wie bleibt man trotz hoher Belastung und Zeitdruck resilient? Was stimmt zuversichtlich?

Prof. Thomas Druyen: Ob das Glas halb voll oder halb leer ist, ist keine Kleinigkeit. Diese Sichtweise beeinflusst, wie viel Kraft und Mut wir haben. Wer Sinn und Verantwortung in seinem Handeln sieht und klare Grenzen setzt, bleibt belastbar und schöpft Energie.

“Wir müssen lernen, das Positive zu sehen und wertzuschätzen. Jeder von uns kann zur guten Stimmung beitragen, gute Bedingungen fordern und gestalten. Veränderung beginnt bei uns selbst.”
Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats

Am 7. November sind Sie als Talkgäste bei unserem Praxisdialog auf dem Deutschen Pflegetag dabei. Ein kurzer Ausblick: Welche Effekte sehen Sie bei der Zusammenarbeit in Netzwerken?

Christine Vogler: Netzwerke schaffen Verständnis und gemeinsames Wissen. Sie ermöglichen Veränderungen, die allen zugutekommen – nicht nur einzelnen Organisationen oder Berufsgruppen. Und sie zeigen, was bereits alles möglich ist.

Ein Mann mit Brille und schulterlangem Haar trägt einen blau gestreiften Anzug und ein hellblaues Hemd. Er steht in einem hellen Büro mit großen Fenstern im Hintergrund.
“Aus Kooperation entstehen Gemeinschaften, unser Gehirn funktioniert als das brillanteste Netzwerk des Universums, die gesamte künstliche Intelligenz besteht aus Netzwerken. Darum wird es jetzt ultimativ gehen, wieder ein gemeinsames Ziel und eine vielversprechende Zukunft zu sehen. ”
Prof. Dr. Thomas Druyen, Zukunftsforscher an der Sigmund Freud Privatuniversität Wien

Vielen Dank für das Gespräch! Wir freuen uns auf den Praxisdialog am Deutschen Pflegetag mit Ihnen beiden und Heike Hoffer, Referatsleiterin „Fachkräftesicherung Inland, Ausbildung und Berufszugang in den Pflegeberufen, Pflegekompetenz“ im Bundesministerium für Gesundheit (BMG), moderiert von Britta March, Referatsleiterin „Studien und Modellprojekte, Wissenstransfer und Kommunikationsmaßnahmen“  im BMG.

 

Bildnachweis: Christine Vogler (privat), Prof. Thomas Druyen (opta data Zukunfts-Stiftung gGmbH)