Illustration einer Person, die ein Buch mit dem Titel „Resilienz im Gesundheitswesen“ hält, mit einem Wirbeleffekt um ihren Kopf, umgeben von wissenschaftlichen Symbolen wie einem Virus, einer Lupe und Molekülstrukturen, alle in Lila- und Orangetönen.

Ob Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg oder Hitzewellen – diese Ereignisse sind nicht nur für die Gesellschaft insgesamt eine Herausforderung, sondern auch für das Gesundheitssystem. Nach Ansicht des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen und in der Pflege sollten hieraus politisch, aber auch gesellschaftlich und auf Ebene der Versorgungseinrichtungen die richtigen Schlüsse gezogen werden. Die Expertinnen und Experten haben im Gutachten „Resilienz im Gesundheitswesen. Wege zur Bewältigung künftiger Krisen“ einzelne Versorgungsbereiche des deutschen Gesundheitssystems beleuchtet – so auch die Akutversorgung und die Langzeitpflege – und geben Empfehlungen zur künftigen Stärkung der Krisenfestigkeit und Resilienz in diesen Bereichen. Untersucht werden zudem konkrete Strategien zur Stärkung der Lieferketten, der zielgruppengerechten Kommunikation und der wissenschaftlichen Politikberatung sowie zur Verbesserung des akuten Krisenmanagements. Im letzten Teil des Gutachtens werden diese Empfehlungen exemplarisch auf die absehbaren Herausforderungen des Gesundheitssystems durch Hitze und weitere Pandemien angewandt.

„Es geht um Gesundheit und Menschenleben, aber auch um die materielle Basis unserer Gesellschaft und das dadurch Ermöglichte, darunter Kultur und Bildung. Dafür bedarf es einer koordinierten Vorbereitung auf den Krisenfall mit ausreichenden personellen und finanziellen Ressourcen. Um zukünftige Krisen besser zu bewältigen, muss unser Gesundheitssystem, ja unser Land insgesamt, dringend krisenresistenter und strukturell widerstandsfähiger werden“, sagte der stellv. Ratsvorsitzende, Prof. Dr. rer. pol. Wolfgang Greiner bei der Veröffentlichung des Gutachtens.

Folgende Punkte haben die Gutachterinnen und Gutachter dabei unter anderem für die Pflege in der Akutversorgung festgehalten:

  • Eine resiliente Akutversorgung erfordert flexible Strukturen und vernetzte medizinische Einrichtungen, um auf neue, sich verändernde Situationen reagieren zu können.
  • Die Kapazitätsplanung im Gesundheitswesen sollte überdacht werden. Vor diesem Hintergrund könnten bedarfsgerechtere Versorgungsformen wie regionale Gesundheitszentren als Alternative zu Krankenhäusern angedacht werden.
  • Die Einführung von Community Health Nurses (CHN), spezialisierten Pflegefachpersonen, die in interdisziplinären Teams arbeiten, wird befürwortet, um die Zusammenarbeit verschiedener Gesundheitsprofessionen zu fördern.
  • Die Registrierungspflicht für Pflegefachpersonen sollte eingeführt werden, um mehr Planungssicherheit zu gewährleisten, mit differenzierten Anforderungen nach Fachrichtungen, Anstellungsort und -umfang sowie Qualifikationen.
  • Die Anwerbung ausländischen Pflegepersonals sollte erleichtert werden, mit klaren Anforderungen an Sprachkompetenz und Anerkennungsverfahren.

Langzeitpflege:

  • Zur Stärkung der Krisenfestigkeit der Langzeitpflege ist es wichtig, ausreichend Schutzausrüstungen vorzuhalten und Schulungsangebote für Pflegende anzubieten.
  • Bessere Arbeitsbedingungen sind erforderlich, darunter betriebliches Gesundheitsmanagement, altersgerechte Arbeitsplätze, flexible Arbeitszeitmodelle und eine selbstbestimmte Arbeitsorganisation.
  • Der Berufsstatus der Pflege sollte verbessert werden – z.B. mit einer in einem gemeinsamen Heilberufegesetz geregelten Neustrukturierung der Arbeitsteilung im Gesundheitswesen.
  • Es gibt eine Empfehlung, die Pflegeausbildung auf Hochschulniveau auszubauen und Pflegepersonaluntergrenzen für weitere pflegesensitive Bereiche festzulegen.
  • Die Qualität in Langzeitpflegeeinrichtungen sollte verstärkt in den Fokus genommen werden, um die Gewinnorientierung von Anbietern regulieren zu können.

„Die Stärkung des Berufsstands Pflege erfordert ein grundlegendes Berufsverständnis und eine bessere Zusammenarbeit zwischen den beruflich Pflegenden“, halten die Expertinnen und Experten im Gutachten fest. Ebenfalls erwähnt werden eine pflegewissenschaftlich fundierte Weiterbildungsordnung, eine gemeinsame Heilberufegesetzgebung und eine verbesserte Vertretung der Pflege in Selbstverwaltungsgremien des Gesundheitswesens. Dabei bringt der Sachverständigenrat auch Alternativen zum Modell der Pflegekammer ins Spiel, um die berufliche Registrierung und die Weiterbildung zu organisieren – beispielsweise aus Großbritannien, wo eine Berufsaufsichtsbehörde als Körperschaft des öffentlichen Rechts agiert und die Rechtsaufsicht ausüben kann.

Das komplette Gutachten ist hier verfügbar: https://www.svr-gesundheit.de/publikationen/gutachten-2023/

Praxisdialog: Resilienz in der Pflege stärken

Welche Empfehlungen können aus dem Gutachten „Resilienz im Gesundheitswesen. Wege zur Bewältigung künftiger Krisen“ für die Pflege abgeleitet werden? Dazu hat eine der Expertinnen des Gutachtens Prof. Gabriele Meyer, Gesundheits- und Pflegewissenschaftlerin an der Martin-Luther-Universität Halle im Praxisdialog am 24. Oktober ihre Erkenntnisse vorgestellt. Hier finden Sie die Aufzeichnung ihres Vortrags in unserem Praxisdialog-Archiv.