Lila Banner mit großem weißen Text „NAH & DRAN“, dem „&“ in Orange. Rechts lautet der kleinere orangefarbene Text: „PFLEGEPOLITIK. PRAXISNAH. AUS ERSTER HAND.“.

Qualitätssicherung als lebendigen Prozess begreifen

Die aktive Auseinandersetzung mit Qualität in der Pflege schafft Freiraum für das, was im Vordergrund steht: eine gute und für alle Beteiligten transparente pflegerische Versorgung. Unser Plädoyer für ein starkes internes Qualitätsmanagement.

Seit 2019 gibt es das indikatorengestützte Qualitätssystem in der stationären Pflege. „Es beweist, dass Qualitätssicherung kein starres System, sondern ein lebendiger Prozess ist“, sagt Carolin Drößler, Referentin für Altenhilfe beim AWO-Bundesverband. Während zuvor über viele Jahre Qualität über dokumentationsbezogene, externe Prüfungen erfasst und in Pflegenoten zusammengefasst wurde, ist damit in der stationären Pflege ein anderer Fokus gesetzt worden. Die Bewertung orientiert sich seitdem nicht mehr an der Dokumentation, sondern vor allem an den individuellen Bedürfnissen der Bewohnenden und wie diese erfüllt werden. „Indem die Einrichtungen halbjährlich pflegerelevante Personendaten aller Bewohnenden zu Themen wie Mobilität, Selbstständigkeit, Stürze und Schmerz – in Summe zehn Qualitätsindikatoren – erheben, lassen sich die Versorgungsergebnisse deutlicher messen und vergleichen“, betont Drößler, die im Qualitätsausschuss Pflege an der Weiterentwicklung der Qualitätsindikatoren und an den praktischen Empfehlungen für die Umsetzung mitwirkt.

Ein Beispiel: Mithilfe des Indikators „Dekubitusentstehung“ wird nach Risikogruppen in jeder Einrichtung erhoben, wie oft bei den Bewohnenden ein Druckgeschwür entstanden ist. Das Ergebnis wird anhand von Referenz- und Schwellenwerten eingeordnet und kann für diesen Indikator mit allen anderen stationären Pflegeeinrichtungen verglichen werden. Es ist damit auch eine wichtige Grundlage für die interne Qualitätsentwicklung.

Für Drößler geht mit diesem System ein Umdenken einher, denn es rückt sehr klar die Ergebnisqualität ins Zentrum. Gleichzeitig wird der Prüfprozess transparenter, praxisnaher und beratungsorientierter gestaltet. „Der Medizinische Dienst bzw. die Prüfdienste bekommen die Feedbackberichte und können mit mehr Wissen in die konkrete Prüfung und die Fachgespräche mit den Pflegefachpersonen gehen“, so Carolin Drößler weiter. Aus ihrer Perspektive wird damit auch eine gute Basis für die Qualitätsentwicklung ermöglicht. „Wir sind auf einem guten Weg. Allerdings erfordert ein derartiges Umdenken immer auch Zeit zur Kultivierung. Denn nur wenn auf Augenhöhe statt mit Misstrauen agiert wird, können die Synergieeffekte wirksam werden.“ Und das – davon ist Drößler überzeugt – kommt am Ende vor allem den pflegebedürftigen Menschen zugute.

“Weg von der reinen Struktur- und Prozesssicht hin zu mehr Ergebnisorientierung ist die Stärke des indikatorengestützten Verfahrens.”
Carolin Drößler, Referentin für Altenhilfe beim AWO-Bundesverband
Eine große Gestalt im Anzug wacht darüber, wie eine jüngere Person einer älteren Person mit einem Stock beim Treppensteigen hilft, und symbolisiert so Führung und Unterstützung.

Verlängerter Prüfrhythmus: Anreiz für mehr Pflegequalität

Das gesetzlich festgelegte System der Qualitätssicherung ist also nicht mehr nur als reines Kontrollinstrument angelegt, sondern motiviert Einrichtungen, stetig an der Pflegequalität zu arbeiten. Drößler verweist dazu auch auf § 114c SGB XI. Demnach können Pflegeeinrichtungen mit sehr guten Bewertungen künftig nur noch alle zwei Jahre statt jährlich geprüft werden – vorausgesetzt die vorangegangenen Erhebungen der Indikatoren und die letzte Prüfung durch den Medizinischen Dienst oder Careproof (Prüfdienst der PKV) hatten gute Ergebnisse. „Das setzt wichtige Anreize für Pflegeeinrichtungen kontinuierlich gute Qualität zu liefern“, ist sich Drößler sicher. Zugleich trägt der verlängerte Prüfrhythmus auch dazu bei, Aufwand zu reduzieren und dem Personal wieder mehr Gestaltungsraum für die eigentliche Pflege verschaffen zu können. Eine Win-win-Situation für alle Beteiligten, wie Drößler unterstreicht: „Pflegeeinrichtungen, die sich aktiv mit Qualitätsmanagement auseinandersetzen und das als wichtigen Aspekt ihres Selbstverständnisses und als Struktur begreifen, profitieren langfristig und verbessern die Versorgung der Pflegebedürftigen nachweislich.“

Qualität in der Pflege weiterdenken

Begleitend zur fachlichen Arbeit in den Einrichtungen bilden das indikatorengestützte Verfahren zur Messung der Ergebnisqualität, die externen Qualitätsprüfungen sowie die Qualitätsdarstellung ein Gesamtsystem zur Qualitätssicherung in der stationären Pflege. Diese Instrumente stehen im Mittelpunkt einer wissenschaftlichen Evaluation, die der Qualitätsausschuss Pflege 2024 auf gesetzlicher Grundlage in Auftrag gegeben hat (hier mehr erfahren). Der Auftrag umfasst die Analyse der bisherigen Erfahrungen im stationären Bereich und unterbreitet Vorschläge, wie die Verfahren zur Qualitätsmessung und -darstellung an den neuesten Stand der Wissenschaft angepasst werden können. Ein erster Zwischenbericht ist im Herbst 2025 geplant, der Abschlussbericht wird im Oktober 2026 erwartet.