1. Ab dem 1. Juli 2023 gilt das neue Personalbemessungsverfahren – was ist das?

Zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Alten- und Langzeitpflege wünschen sich beruflich Pflegende häufig insbesondere mehr Kolleginnen und Kollegen. Seit dem 1. Juli 2023 sieht das Gesetz  auf Grundlage eines wissenschaftlichen Forschungsprojekt bundesweit einheitliche Personalanhaltswerte für vollstationäre Pflegeeinrichtungen vor (§ 113c Absatz 1 SGB XI). Die Personalanhaltswerte beschreiben, wie viel Personal mit welcher Qualifikation für die Versorgung der Pflegebedürftigen in den einzelnen Pflegegraden verhandelt werden kann. Damit besteht für Pflegeeinrichtungen die Möglichkeit, aber nicht die Verpflichtung, insgesamt deutlich mehr Personal zu vereinbaren – bis zur Höhe der Personalanhaltswerte, in bestimmten Fällen auch darüber hinaus.

2. Wie verbessert sich die Personalausstattung durch die Umsetzung des neuen Personalbemessungsverfahrens?

Insgesamt können vollstationäre Pflegeeinrichtungen seit dem 1. Juli 2023 auf Basis bundeseinheitlicher Personalanhaltswerte eine deutlich höhere Personalausstattung mit Pflege- und Betreuungskräften als bisher vereinbaren.

Für jede Qualifikationsstufe und jeden Pflegegrad ist in § 113c Absatz 1 SGB XI rechnerisch eine bestimmte Menge an Personal (in sog. Vollzeitäquivalenten [VZÄ]) vorgesehen. Das heißt: es kommt nicht darauf an, ob jemand in Teilzeit oder in Vollzeit arbeitet, sondern die gesetzlich vorgesehenen Personalanhaltswerte können in diesem Rahmen voll ausgeschöpft werden. Die möglichen zu berücksichtigenden Personalmengen sind im Gesetz für drei Qualifikationsstufen geregelt:

1. für Hilfskraftpersonal ohne Ausbildung (sog. Qualifikationsniveaus [QN] 1 und 2)

2. für Hilfskraftpersonal mit landesrechtlich geregelter Helfer- oder Assistenzausbildung in der Pflege mit einer Ausbildungsdauer von mindestens einem Jahr (sog. QN 3)

3. für Fachkraftpersonal (sog. QN 4)

Eine vollstationäre Pflegeeinrichtung mit einer bundesdurchschnittlichen Pflegegradverteilung kommt dann rechnerisch insgesamt auf einen Personalstamm von bis zu 46,17 Vollzeitäquivalente auf 100 Bewohnerinnen und Bewohner für den Bereich der Pflege und Betreuung – ohne Sonderschlüssel, z. B. für Qualitätsbeauftragte oder Pflegedienstleitung, und ohne zusätzliche Betreuungskräfte. Das entspräche einem Zuwachs von 5,84 Vollzeitäquivalenten.
Die Angaben zu Vollzeitäquivalenten basieren auf einer Nettojahresarbeitszeit von 1.560 Stunden (entspricht einer 38,5-Stunden-Woche oder einer 40-Stunden-Woche unter Einbezug spezifischer Ausfallzeiten) entsprechend des Abschlussberichtes der PeBeM-Studie. Dieser als Standard festgelegte Parameter ist variabel, sodass auf Landes- oder Einrichtungsebene individuelle Regelungen zu Wochenarbeitszeiten und Urlaubsansprüchen berücksichtigt werden können (beispielsweise aufgrund unterschiedlicher Feiertagsregelungen in den Ländern oder tarifrechtlicher Bestimmungen).

Darüber hinaus wird wie bisher für die zusätzliche Betreuung und Aktivierung von Pflegebedürftigen nach § 43b SGB XI ein Vollzeitäquivalent je 20 Pflegebedürftige finanziert.

Zusätzlich zur Personalausstattung nach § 113c Absatz 1 SGB XI können zudem besondere Personalbedarfe verhandelt werden, beispielsweise für die Pflegedienstleitung, für die Qualitätsbeauftragte oder für die Praxisanleitung. Genaue Vorgaben hierzu werden auf Landesebene in den Landesrahmenverträgen nach § 75 SGB XI geregelt.

Weitere Personalausbaustufen möglich

Die Umsetzung des neuen Personalbemessungsverfahrens erfolgt stufenweise, auch damit die Einrichtungsbetreiber das Personal nach den Möglichkeiten des Arbeitsmarktes schrittweise aufbauen und die neugewonnenen Kompetenzen in ihr Team und ihre Organisation fachlich sinnvoll einbinden können. Hierfür prüft das Bundesministerium für Gesundheit (ab dem Jahr 2025 alle zwei Jahre) unter anderem, ob eine Anpassung der Personalanhaltswerte erforderlich ist. Einbezogen werden hierbei insbesondere auch vorliegende Erkenntnisse aus dem Modellprogramm zur Weiterentwicklung des Personalbemessungsverfahrens (§ 8 Absatz 3b SGB XI) und die Arbeitsmarkt- und Ausbildungssituation im Pflegebereich.

3. Besteht ab dem 1. Juli 2023 eine Verpflichtung, die neuen Personalanhaltswerte anzuwenden und entsprechend mehr Personal zu vereinbaren?

Die neuen Personalanhaltswerte ermöglichen ab dem 1. Juli 2023 einen Personalzuwachs neu zu vereinbaren, es besteht dazu jedoch keine Verpflichtung. Ohne eine Vereinbarung von mehr Personal muss natürlich auch nicht mehr Personal vorgehalten werden. Das heißt, es kann bis zur nächsten Vergütungsvereinbarung auch weiterhin die bisherige Personalausstattung beibehalten werden. Diese muss jedoch mindestens den Vorgaben zur Mindestpersonalausstattung entsprechen, die sich aus den bisherigen Landesrahmenverträgen nach § 75 Absatz 1 SGB XI ergibt. Ab der nächsten Vergütungsvereinbarung müssen dann auch die Vorgaben zur Mindestpersonalausstattung der ggf. angepassten Landesrahmenverträge vereinbart und eingehalten werden.

Die in den Rahmenverträgen festgelegten Personalanhaltszahlen für die Mindestpersonalausstattung für das Pflege- und Betreuungspersonal werden aktuell durch die Partner der Landesrahmenverträge geprüft und gegebenenfalls angepasst. Durch die Landesrahmenverträge ist weiterhin für die Pflegekassen wie auch die stationären Pflegeeinrichtungen die personelle Ausstattung verbindlich festgelegt, die mindestens zu vereinbaren ist, um eine bestimmte Anzahl an Pflegebedürftigen zu versorgen. Landesspezifische Besonderheiten können damit auch weiterhin abgebildet werden. Dabei sind auch die Pflegesituation in der Nacht sowie Besonderheiten in Bezug auf Einrichtungsgrößen (zum Beispiel bezüglich einer Mindestausstattung mit Pflegefachkräften) und Einrichtungskonzeptionen (zum Beispiel bei Einrichtungen, die einen besonderen Schwerpunkt in der Versorgung und Betreuung von Menschen mit demenziellen Erkrankungen haben) einzubeziehen.

Das Ziel der Regelung des § 113c SGB XI ist auch, dass sich die Personalanhaltswerte, die für die einrichtungsindividuell vereinbarte personelle Ausstattung der Pflegeeinrichtungen zu Grunde gelegt werden, innerhalb eines Korridors in Richtung der bundeseinheitlichen Personalanhaltswerte schrittweise angleichen können (Konvergenzphase).

4. Was passiert, wenn eine Einrichtung eine höhere Ausstattung mit Pflege- und Betreuungspersonal hat oder benötigt, als bei Zugrundlegung der Personalanhaltswerte nach § 113c Absatz 1 SGB XI vorgesehen ist?

Wenn eine Einrichtung bereits mehr Personal in einer oder mehreren Qualifikationsstufen hat, als es in den Personalanhaltswerten nach § 113c Absatz 1 SGB XI für die jeweilige Qualifikationsstufe künftig vorgesehen ist, greift der Bestandschutz. Bestandsschutz bedeutet: Vorhandenes Personal ist nicht abzubauen und bestehende Stellen können weiter nachbesetzt werden. Dies gilt auch dann, wenn die neuen Personalanhaltswerte im Einzelfall zu einem geringeren rechnerischen Bedarf an einzelnen Qualifikationen führen würden als bereits Personal vorhanden ist. Der Bestandsschutz ist in § 113c Absatz 2 SGB XI für verschiedene Fälle ausdrücklich geregelt:

Fall 1 (Höhere Personalausstattung in bisheriger Pflegesatzvereinbarung)

Wenn in der bestehenden Pflegesatzvereinbarung nach § 84 Absatz 5 Satz 2 Nummer 2 SGB XI bereits eine höhere personelle Ausstattung vereinbart ist, als in den Personalanhaltswerten nach § 113c Absatz 1 SGB XI vorgesehen sind, gilt für diese Personalstellen in allen Qualifikationsniveaus ein Bestandschutz (Fachkräfte [QN 4], Hilfskräfte mit ein- oder zweijähriger Ausbildung [QN 3] und Hilfskräfte ohne Ausbildung [QN 1 oder 2]). Die Personalanhaltswerte in den einzelnen Qualifikationsniveaus sind dabei separat zu betrachten und nicht gegeneinander aufzurechnen. Das heißt, wenn eine Einrichtung z. B. bereits über eine höhere Ausstattung mit QN 2-Kräften, aber eine niedrigere Ausstattung mit QN 3-Kräften als in § 113c Absatz 1 SGB XI vorgesehen ist, verfügt, kann die Einrichtung auch zukünftig die höhere Ausstattung an QN 2-Kräften vereinbaren und darüber hinaus zusätzliche QN 3-Stellenanteile verhandeln.
Der Bestandschutz richtet sich nach der Gesetzesbegründung zum Gesetz zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (GVWG) stets auf die zuvor bestehende Pflegesatzvereinbarung gemäß § 84 Absatz 5 Satz 2 Nummer 2 SGB XI, sodass fortlaufend sichergestellt wird, dass vorhandenes Personal auch weiterhin beschäftigt werden kann. Der Bestandsschutz besteht bis zu einer gesetzlichen Anpassung der Personalanhaltswerte, mit denen die vom Bestandsschutz umfassten Stellen regulär vereinbart werden können.

Fall 2 (Höhere Personalanhaltswerte im bisherigen Rahmenvertrag)

Wenn der Rahmenvertrag nach § 75 Absatz 1 SGB XI zum 30. Juni 2023 bereits eine höhere personelle Ausstattung mit Fachkräften (QN 4) erlaubte als nach § 113c Absatz 1 Nummer 3 SGB XI seit dem 1. Juli 2023 in den nächsten Pflegevergütungsverhandlungen vereinbart werden kann, können weiterhin Stellenanteile für Fachkräfte bis zur bisherigen Höchstgrenze vereinbart werden.

Für Einrichtungen, die bisher eine Personalausstattung rechnerisch unterhalb der Personalanhaltswerte nach § 113c Absatz 1 SGB XI vereinbart hatten, aber die seit dem 1. Juli 2023 geltenden Personalanhaltswerte überschreiten wollen, hat der Gesetzgeber die Möglichkeit zur Geltendmachung von sachlichen Gründen geschaffen:

Fall 3 (Sachliche Gründe für eine höhere Personalausstattung)

Eine höhere Personalausstattung mit Pflege- und Betreuungspersonal kann auch dann vereinbart werden, wenn die Einrichtung sachliche Gründe für eine Überschreitung der Personalanhaltswerte des § 113c Absatz 1 SGB XI darlegen kann. Sachliche Gründe können unter anderem zusätzliche Personalbedarfe aufgrund besonderer Einrichtungskonzepte oder besonderer Versorgungschwerpunkte (zum Beispiel bei der Versorgung von demenziell Erkrankten) sein. Sachliche Gründe können aber beispielsweise auch bei kleineren Einrichtungen vorliegen, die ohne zusätzliches Personal landesrechtliche Vorgaben nicht einhalten könnten (z. B. Sicherstellung einer Fachkraftausstattung in der Nacht).

Mit dem Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz wurde darüber hinaus klargestellt, dass als sachlicher Grund auch gilt, wenn Personal z.B. in Personalpools oder im Rahmen vergleichbarer betrieblicher Ausfallkonzepte tätig wird, mit denen durch die Einrichtung die vertraglich vereinbarte Personalausstattung bei kurzfristigen Personalausfällen oder vorübergehend nicht besetzbaren Stellen sichergestellt wird.

5. Müssen ab dem 1. Juli 2023 in allen Pflegeeinrichtungen Personal- und Organisationsentwicklungsmaßnahmen durchgeführt werden? Gibt es für interessierte Pflegeeinrichtungen Unterstützung beim Einstieg in die neue, kompetenzorientierte Aufgabenverteilung?

Grundsätzlich sehen die gesetzlichen Regelungen vor, dass diejenigen Pflegeeinrichtungen, die im Zuge des neuen Personalbemessungsverfahrens ab dem 1. Juli 2023 mehr Personal vereinbaren, Maßnahmen der Personal- und Organisationsentwicklung durchführen sollen, die im Rahmen des Modellprogramms nach § 8 Absatz 3b SGB XI entwickelt und erprobt wurden. [1] Ziel dieser gesetzlichen Verpflichtung ist, die mit der Einführung des Personalbemessungsverfahrens beabsichtigte, kompetenzorientierte Aufgabenverteilung in der Organisation sicherzustellen, um die Kompetenzen der Pflege- und Betreuungskräfte bestmöglich zugunsten der Versorgung der Pflegebedürftigen einzusetzen. Das Modellprojekt zur Einführung und Weiterentwicklung der Personalbemessung in Pflegeeinrichtungen ist derzeit noch nicht abgeschlossen. Da die dort zu entwickelnden und zu erprobenden Maßnahmen aktuell noch nicht zur Verfügung stehen, besteht bis dahin keine Verpflichtung für die Einrichtungen, entsprechende Maßnahmen der Personal- und Organisationsentwicklung durchzuführen.

Gleichzeitig haben viele vollstationäre Pflegeeinrichtungen ein großes Interesse daran, zeitnah erste Schritte in Richtung einer stärker kompetenzorientierten Aufgabenverteilung zu gehen. Zur Unterstützung beim Einstieg in die veränderte Aufgabenverteilung werden aktuell erste Handreichungen zur Personal- und Organisationsentwicklung im Rahmen des Modellprojekts entwickelt und im Anschluss kostenfrei durch den Spitzenverband Bund der Pflegekassen (GKV-Spitzenverband) zur Verfügung gestellt. Die Anwendung dieser Handreichungen ist freiwillig. Die gesetzliche Verpflichtung in § 113c Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 SGB XI zur Durchführung von Maßnahmen der Personal- und Organisationsentwicklung bezieht sich ausschließlich auf im Rahmen des Modellprogramms nach § 8 Absatz 3b SGB XI entwickelte und erprobte Konzepte, nicht auf die vorab zur Unterstützung veröffentlichten Handreichungen. Sobald die Maßnahmen aus dem Modellprogramm zur Verfügung stehen sollen diese im Regelfall angewandt werden. In Ausnahmefällen können Einrichtungen hiervon absehen, beispielsweise, wenn sie eine kompetenzorientierte Aufgabenverteilung bereits durch eigene, für ihre Einrichtung geeignete Maßnahmen der Personal- und Organisationsentwicklung umsetzen.

 


[1] „Sofern ab dem 1. Juli 2023 eine personelle Ausstattung mit Pflege- und Betreuungspersonal vereinbart wird, die über die mindestens zu vereinbarende personelle Ausstattung im Sinne von Absatz 5 Nummer 1 hinausgeht, 1. soll die Pflegeeinrichtung Maßnahmen der Personal- und Organisationsentwicklung durchführen, die nach § 8 Absatz 3b entwickelt und erprobt wurden, […].

 

6. Wie wird sich die Regelung des § 113c SGB XI auf die bisher für die vollstationären Pflegeeinrichtungen geltende, landesrechtliche Fachkraftquote auswirken?

Die Fachkraftquoten in der Pflege von i.d.R. 50 bis ca. 53% sind in den ordnungsrechtlichen Bestimmungen der einzelnen Länder geregelt. Ziel des neuen Personalbemessungsverfahrens ist, dass die gesetzlichen Regelungen für einen qualifikationsorientierten Personaleinsatz perspektivisch diese gesetzlichen Fachkraftquoten ablösen. Zur Ermöglichung der Umsetzung der seit dem 1. Juli 2023 geltenden Personalanhaltswerte wurden für die künftigen Pflegevergütungsverhandlungen in den landesrechtlichen Regelungen bereits Flexibilisierungen vorgesehen oder werden nach Auskunft der Länder zeitnah umgesetzt.  

In der Gesetzesbegründung zu § 113c SGB XI im GVWG wurde die Erwartung an die Länder formuliert, die landesheimrechtlichen Vorgaben so zu gestalten, dass sie der geplanten, schrittweisen Umsetzung des Personalbemessungsverfahrens nicht entgegenstehen. Entsprechend wurde in den Bundesempfehlungen nach § 113c Absatz 4 SGB XI[1] vereinbart, dass sich – die bisher im Landesheimrecht geregelten, mindestens vorzusehenden - Fachkräfteanteile künftig nur noch auf die Mindestpersonalausstattung der Landesrahmenverträge beziehen. Das heißt, für Personal, das auf der Grundlage von § 113c SGB XI zusätzlich vereinbart wird, soll die Fachkraftquote nicht angewendet werden. Damit soll sichergestellt werden, dass Einrichtungen von den geltenden landesheimrechtlichen Vorgaben bezüglich des Anteils an Fachkräften abweichen können, wenn sie zusätzliches Pflegehilfskraftpersonal vereinbaren, aber nicht, wenn sie den Fachkraftanteil abbauen.


[1] Die Bundesempfehlungen sind hier verfügbar.  

7. Was können Pflegeeinrichtungen konkret tun, um in eine kompetenzorientierte Aufgabenverteilung einzusteigen?

Ein wichtiges Ziel des neuen Personalbemessungsverfahrens ist eine grundsätzliche Weiterentwicklung der bisherigen Rollen- und Aufgabenverteilung in der Langzeitpflege. Im Rahmen der PeBeM-Studie wurden die Beschäftigten im Pflege- und Betreuungsbereich vollstationärer Pflegeeinrichtungen in Gruppen (Qualifikationsniveaus = QN) aufgeteilt, um zu ermitteln, mit welcher Qualifikation und welchem Anteil an Pflegehilfs- und ‑assistenzkräften und Pflegefachkräften anfallende Aufgaben selbstständig oder im Rahmen der Delegation durchgeführt werden können, um eine fachgerechte Pflege umsetzen zu können.

 

In den gesetzlichen Regelungen des § 113c Absatz 1 SGB XI wurden folgende Gruppen zusammengefasst:

 

Gruppe 1: Hilfskraftpersonal ohne Ausbildung; hierzu zählen Pflegende ohne Qualifikation (QN 1) und Pflegende mit einem Pflegebasiskurs im Umfang von 200 Stunden (QN 2)

Gruppe 2: Pflegende mit einer ein- oder zweijährigen Qualifikation in der Pflege nach Landesrecht (QN 3)

Gruppe 3: Pflegende mit einer dreijährigen Fachkraftausbildung (QN 4)

§ 113c SGB XI enthält keine Vorgaben, welche Tätigkeiten das Pflege- und Betreuungspersonal ausüben darf, sondern legt fest, wie viel Personal mit welcher Qualifikation höchstens vereinbart werden kann. Das bedeutet, welche Tätigkeiten jemand ausüben darf, hängt auch weiterhin von verschiedenen Faktoren ab. Hierbei sind insbesondere ausschlaggebend:

  • die Vorbehaltsaufgaben für Pflegefachkräfte nach § 4 Pflegeberufegesetz,
  • die gesetzlichen und vertraglichen Regelungen auf Landesebene (dies gilt häufig gerade für behandlungspflegerische Tätigkeiten),
  • die Qualifikation des/der jeweiligen Beschäftigten einschließlich der Kompetenzen, die er oder sie im Rahmen seiner/ihrer Berufserfahrung erworben hat,
  • ob selbstständig oder im Rahmen einer Delegation gehandelt wird.

Der in diesem Zusammenhang häufig erwähnte und im Rahmen der PeBeM-Studie entwickelte sog. Interventionskatalog kann zwar eine gewisse Orientierung bieten. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass der Katalog originär zur Datenerhebung entwickelt wurde und keinesfalls eine verpflichtende Vorlage für eine tagesstrukturierte Pflegeplanung darstellt. Welche Aufgaben und Interventionen durch welche Pflege- und Betreuungskraft durchgeführt werden können, ist im Rahmen der gesetzlichen und vertraglichen Regelungen individuell durch die Führungskraft vor Ort zu beurteilen. Auch hier gilt: Eine Veränderung der Aufgabenverteilung durch Organisations- und Personalentwicklung ist auch bei der Vereinbarung entsprechend der Personalanhaltswerte nach § 113c Absatz 1 SGB XI so lange kein Muss, bis die im Rahmen des Projekts nach § 8 Absatz 3b SGB XI entwickelten und erprobten Konzepte veröffentlicht werden (siehe dazu auch Frage Nr. 6).

Wichtig ist, dass eine kompetenzorientierte Aufgabenverteilung nicht bedeutet, dass keine Bezugspflege mehr stattfinden soll. Vielmehr geht es gerade darum, bei der Umsetzung der neuen Aufgabenverteilung einen Kulturwandel in den Pflegeeinrichtungen zu initiieren und sich ggf. auf Bezugspflege- und auch Primary-Nursing-Konzepte zurückzubesinnen. Im Abschlussbericht zur PeBeM-Studie wurde dazu erläutert: „Bei Einführung des Personalbemessungsinstruments wird sich das Verhältnis von Pflegefachkraft zu Pflegeassistenzkraft in den Pflegeeinrichtungen verändern müssen. Diese Veränderung ist jedoch nicht in einem starren tayloristischen System zu betrachten. Vielmehr werden Strukturen geschaffen, die eine kompetenzorientierte Aufgabenverteilung zulassen. Ziel des Personalbemessungsverfahrens ist es demnach nicht, eine verrichtungsbezogene pflegerische Versorgung zu definieren, sondern erforderliche Personalmengen anhand der Bewohnerstruktur nach Qualifikationen zu ermitteln, mit denen in Verbindung mit Organisationsentwicklungs- und Personalentwicklungsprozessen eine kompetenzorientierte Pflege gestaltet werden kann.“ (siehe Abschlussbericht, Seite 421).

8. Können die über § 113c Absatz 1 SGB XI vereinbarten Stellen auch mit Personen mit anderen als den im Gesetz genannten Qualifikationen besetzt werden?

Häufig wird gefragt, ob beispielsweise die auf Grundlage von § 113c Absatz 1 SGB XI vereinbarten Stellen auch mit Personen besetzt werden können, die über andere Qualifikationen als die in § 113c Absatz 1 SGB XI genannten Qualifikationen verfügen oder einen anderen Ausbildungsberuf abgeschlossen haben (z. B. Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter). Welche Berufsgruppen bzw. Qualifikationen hier berücksichtigt werden können, ist in den Rahmenverträgen nach § 75 SGB XI auf Landesebene zu regeln (vergleiche § 113c Absatz 5 Satz 1 Nummer 3 SGB XI). Der Gesetzgeber hat grundsätzlich vorgesehen, dass bei der Ausstattung mit Fachkräften neben Pflegefachkräften auch andere Fachkräfte aus dem Gesundheits- und Sozialbereich vereinbart werden können. Sofern die Landesrahmenverträge ab dem 1. Juli 2023 hierzu nichts ausdrücklich geregelt haben, gelten die diesbezüglichen Vereinbarungen der Bundesempfehlungen nach § 113c Absatz 4 SGB XI[1], konkret die Absätze 7 und 8 der Bundesempfehlungen, für die Beteiligten als unmittelbar verbindlich.

Zudem hat der Gesetzgeber vorgesehen, dass

1. qualifizierte Pflegehilfskraftstellen (QN 3, vgl. § 113c Absatz 1 Nr. 2 SGB XI) auch mit folgenden Personen besetzt werden können:

  • Pflege- und Betreuungspersonal, das die Pflegehilfs- oder ‑assistenzkraftausbildung berufsbegleitend durchläuft. Die Gehaltsdifferenz kann im Rahmen der Pflegevergütung finanziert werden, sofern die Pflegehilfskraft vorher mindestens ein Jahr beruflich tätig war.
  • Pflege- und Betreuungspersonal, das nach landesrechtlichen Regelungen zur berufsqualifizierenden Prüfung in der Helfer- oder Assistenzausbildung in der Pflege zugelassen wurde (sogenannte Externenprüfung), weil es berufspraktische Erfahrungen oder andere Qualifizierungsmaßnahmen in einem bestimmten Umfang nachweisen konnte und es die Prüfung bestanden hat.
  • Pflegehilfskraftpersonal mit mindestens fünf Jahren Berufserfahrung (davon mindestens die Hälfte der Zeit in einer Vollzeitbeschäftigung), das die Pflegehilfs- oder -assistenzkraftausbildung schnellstmöglich, spätestens jedoch bis zum 30. Dezember 2028 beginnen wird.

2. Fachkraftpersonalstellen (QN 4, vgl. § 113c Absatz 1 SGB XI) auch mit folgenden Personen besetzt werden können:

  • Pflege- und Betreuungspersonal, das eine Pflegefachkraftausbildung berufsbegleitend durchläuft,
  • Pflege- und Betreuungspersonal mit einer im Ausland erworbenen Berufsqualifikation, das während der Beschäftigung in einer vollstationären Pflegeeinrichtung an einem für die Anerkennung erforderlichen Anpassungslehrgang teilnimmt; im Hinblick auf den Vorweis der Aufwendungen für die Beschaffung von im Ausland angeworbenen Personal bei den Vergütungsvereinbarungen sollen die Landesrahmenverträge künftig entsprechende Vorgaben regeln.

Darüber hinaus ist es grundsätzlich möglich, auch Pflege- und Betreuungspersonal mit einem höheren Qualifikationsniveau auf Stellenanteile eines niedrigeren Qualifikationsniveaus einzustellen (zum Beispiel Personal mit QN 4 für Stellen, für die nur eine Qualifikation nach QN 3 erforderlich ist), wenn dies von der betroffenen Pflege- und Betreuungskraft gewünscht wird.

Berücksichtigung von Pflege- und Betreuungspersonal mit höheren Qualifikationsniveaus (QN 5 bis 8 nach der PeBeM-Studie)

Für Personal, das über ein Qualifikationsniveau verfügt, dass nach der PeBeM-Studie höher als QN 4 eingestuft ist, also zum Beispiel Pflegefachpersonen mit einer Fachweiterbildung (QN 5 nach PeBeM) oder hochschulisch qualifiziertes Pflege- und Betreuungspersonal mit Bachelor-, Masterabschluss oder Promotion (QN 6 – 8 nach PeBeM) sind in § 113c Absatz 1 SGB XI keine eigenen Personalanhaltszahlen enthalten. Diese Personal kann aktuell entweder auf der Grundlage von § 113c Absatz 1 Nummer 3 als Fachkraftpersonal vereinbart werden oder – wenn eine entsprechende Tätigkeit ausgeübt wird – im Rahmen der besonderen Personalbedarfe nach § 113c Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 SGB XI. Darüber hinaus kann, z. B. bei Vorliegen einer entsprechenden Einrichtungskonzeption, für eine Vereinbarung von Personal mit diesen Qualifikationsniveaus ein sachlicher Grund geltend gemacht werden.

Im Modellprogramms nach § 8 Abs. 3b SGB XI wird zudem auch untersucht, welche Aufgaben hochschulisch qualifizierte Pflegefachpersonen, aber auch hochschulisch qualifizierte Fachkräfte aus anderen Gesundheits- und Sozialberufen sowie Personal aus weiteren Berufsgruppen im Rahmen einer kompetenzorientierten pflegerischen Versorgung übernehmen können.

 


[1] https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/pflegeversicherung/richtlinien_...

9. Wie wird das Personal, das über die bisherigen Förderprogramme nach den §§ 8 Absatz 6 und 84 Absatz 9 SGB XI (13.000-Pflegefachkraftstellen- bzw. 20.000- Pflegehilfskraftstellen-Programm) eingestellt wurde, zukünftig vergütet?

Die Stellen aus den Förderprogrammen nach § 8 Absatz 6 SGB XI (13.000-Pflegefachkraftstellen-Programm) und § 84 Absatz 9 SGB XI (20.000-Pflegehilfskraftstellen-Programm) wurden zum 1. Juli 2023 gesetzlich in das neue Personalbemessungsverfahren integriert. Hintergrund ist, dass im neuen, fachlich basierten Personalbemessungsverfahren die erforderliche Personalausstattung mit Pflege- und Betreuungspersonal umfassend betrachtet wird. Gesonderte Stellenprogramme sind daher seit dem 1. Juli 2023 nicht mehr vorgesehen. Das bedeutet auch, dass seit dem 1. Juli 2023 keine neuen Stellen aus den Förderprogrammen mehr beantragt werden können. Die Finanzierung bestehender Stellen über die Programme endet jedoch erst mit dem Abschluss der ersten Vergütungsvereinbarung bzw. einer Schiedsstellenentscheidung nach diesem Termin. Hierfür ist eine Übergangszeit von zweieinhalb Jahren bis zum 31. Dezember 2025 vorgesehen. Vergütungszuschläge auf Grundlage dieser beiden Förderprogramme, die bis zum Beginn des ersten nach dem 1. Juli 2023 stattfindenden Pflegesatzverfahrens vereinbart oder beschieden worden sind, werden demzufolge in diesem Pflegesatzverfahren sachgerecht in die Pflegesätze nach § 84 Absatz 1 SGB XI sowie in die Leistungs- und Qualitätsmerkmale nach § 84 Absatz 5 SGB XI übertragen. Hierdurch wird für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen die Transparenz über das tatsächlich vorhandene Personal weiter erhöht.

10. Was passiert, wenn ab dem 1. Juli 2023 der Träger wechselt oder eine Einrichtung neu gegründet wird?

Sofern es aufgrund unternehmerischer Veränderungen oder der Neugründung einer Einrichtung eines neuen Versorgungsvertrags bedarf, kann kein Bestandschutz im Sinne einer Überleitung des Personals aus den am 30. Juni 2023 gültigen Vergütungsvereinbarungen geltend gemacht werden. Bei einem neu abgeschlossenen Versorgungsvertrag ab 1. Juli 2023 sind für den Abschluss der Vergütungsvereinbarung die jeweils geltenden Rahmenverträge nach § 75 Absatz 1 SGB XI maßgeblich. Sofern in einem Land die Rahmenverträge nach § 75 Absatz 1 SGB XI ab dem 1. Juli 2023 (noch) keine eigenen Regelungen zu den in § 113 Absatz 5 Nummer 1 bis 3 SGB XI genannten Inhalten vorsehen, sind die Bundesempfehlungen nach § 113c Absatz 4 SGB XI (siehe dazu den Link in Frage 6) mit ihren entsprechenden Inhalten insoweit unmittelbar verbindlich. Inwieweit es sich bei strukturellen Veränderungen um Änderungen eines bestehenden Versorgungsvertrags oder die Kündigung und den Abschluss eines neuen Versorgungsvertrags handelt, ist von individuellen Gegebenheiten abhängig und damit Frage des Einzelfalls.

Auch beim Abschluss eines (neuen) Versorgungsvertrags ist es möglich, dass der Träger der Einrichtung sachliche Gründe für das Vorhalten von Pflege- und Betreuungspersonal entsprechend der bisherigen Vergütungsvereinbarungen darlegen und vereinbaren kann.

 

11. Unsere vollstationäre Einrichtung arbeitet nach dem Hausgemeinschaftsmodell. Was müssen wir beachten?

Bei vollstationären Hausgemeinschaften handelt es sich in der Regel um kleine, wohnortnahe Versorgungsstrukturen für pflegebedürftige Menschen. In der Praxis haben sich bei zugelassenen Pflegeeinrichtungen hierbei unterschiedliche (Personal-)Modelle etabliert. In den Wohngruppen arbeiten häufig interdisziplinäre Teams bestehend aus Pflegekräften und sogenannten Präsenzkräften. Letztere sind konstante Ansprechpartner in den Wohngruppen und übernehmen je nach Modell auf Wunsch der Wohngruppenmitglieder neben pflegerischen Tätigkeiten insbesondere auch organisatorische, hauswirtschaftliche und betreuende Tätigkeiten. Dabei haben Präsenzkräfte unterschiedliche Ausbildungen. Als Präsenzkräfte kommen beispielsweise Hauswirtschafter und Hauswirtschafterinnen in Betracht.

Dieser teilweise größere Bedarf an Hauswirtschaftskräften wird in der Regel über höhere Personalschlüssel im Bereich Hauswirtschaft und nicht über die Personalanhaltswerte für Pflege- und Betreuungspersonal nach § 113c Absatz 1 SGB XI vereinbart. Dies ist auch dann der Fall, wenn diese Hauswirtschaftskräfte auch im Bereich der Pflege und Betreuung eingesetzt werden. Diese Praxis ist auch ab dem 1. Juli 2023 weiterhin möglich.

Sofern in den Landesrahmenverträgen keine gesonderten Vorgaben für das Hauswirtschaftspersonal vorgesehen sind, wäre ein höherer Bedarf an Pflege- und Betreuungspersonal zudem über das Vorliegen eines sachlichen Grundes zu verhandeln. Sachliche Gründe können unter anderem zusätzliche Personalbedarfe aufgrund besonderer Einrichtungskonzepte sein.

12. Was wird im Rahmen des Modellprogramms zur wissenschaftlich gestützten Begleitung der Einführung und Weiterentwicklung des neuen Personalbemessungsverfahrens in der vollstationären Altenpflege (§ 8 Absatz 3b SGB XI) untersucht und erarbeitet?

In § 8 Absatz 3b SGB XI hat der Gesetzgeber die wissenschaftlich gestützte Begleitung der Einführung und Weiterentwicklung des Personalbemessungsverfahrens in Pflegeeinrichtungen vorgesehen. Diese wird vom Spitzenverband Bund der Pflegekassen (GKV-Spitzenverband) durch die Finanzierung von Studien, Modellprojekten und wissenschaftlichen Expertisen sichergestellt.

Derzeit wird im Rahmen des Modellprogramms nach § 8 Absatz 3b SGB XI ein Modellprojekt der Universität Bremen in Zusammenarbeit mit der contec GmbH und dem AQUA Institut durchgeführt. Ziel des Modellprojekts ist unter anderem, Vorschläge zur Anpassung des Personalbemessungsinstruments (sogenannter Algorithmus 2.0) zu entwickeln. Dabei sind auch Vorschläge zur möglichen Einbeziehung hochschulisch qualifizierter Pflegefachpersonen, aber auch hochschulisch qualifizierter Fachkräfte aus anderen Gesundheits- und Sozialberufen sowie weiterer Berufsgruppen zu unterbreiten. Darüber hinaus sollen Maßnahmen der Personal- und Organisationsentwicklung entwickelt und erprobt werden, die anschließend den vollstationären Pflegeeinrichtungen zur Verfügung gestellt werden. Damit soll die Umsetzung der kompetenzorientierten Aufgabenverteilung erleichtert werden.

Vollstationäre Pflege