Lila Banner mit großem weißen Text „NAH & DRAN“, dem „&“ in Orange. Rechts lautet der kleinere orangefarbene Text: „PFLEGEPOLITIK. PRAXISNAH. AUS ERSTER HAND.“.

Stefanie Gierth

Wie sieht Integration in der Praxis aus? Ein Vor-Ort-Besuch bei der Integrationsbeauftragten des Vivantes Klinikums Am Urban in Berlin.

Herzlicher Blick, offene Arme. In Sekunden führt Stefanie Gierth in ihre Welt am Vivantes Klinikum Am Urban. Seit mehr als 20 Jahren arbeitet die gebürtige Berlinerin im Kreuzberger Krankenhaus, ein grauer Block mitten im multikulturellen Hauptstadtbezirk. Hier drinnen strahlt Stefanie Gierth ihre ganze Wärme aus. Links und rechts wird gegrüßt, kurz stehen geblieben, zugehört. Die 53-Jährige nimmt sich Zeit für jeden. Den Kollegen, die Auszubildende, die Patientin.  

Ist sie eine typische Integrationsbeauftragte? Kann sie gar nicht sagen! Denn zum Thema ist Stefanie Gierth eher zufällig gekommen. 2020 übernimmt sie gemeinsam mit ihrer Kollegin ein Krankenhausprojekt zur Integration von vietnamesischen Auszubildenden. Gemeinsam wollen sie es ordentlich machen und entwickeln ein Konzept: „Wie können wir Menschen unterstützen, die nach Deutschland zum Arbeiten kommen? Sodass sie nicht sagen: Nee, das finde ich hier blöd, ich geh wieder.“ Ihr Vorgehen ist pragmatisch und ganzheitlich. Sie führen Sprechstunden und Lerndienstage ein, helfen bei den Prüfungsvorbereitungen. Leiten die Azubis sowie Kolleginnen und Kollegen in Anerkennung fachlich an, unterstützen im Alltag. Das Konzept ist ein Erfolg, andere Vivantes-Häuser nutzen den Ansatz als Blaupause. „Obwohl ich gar nicht so der Theoriemensch bin“, lacht sie.  

“Wir müssen es schaffen, dass jeder neue Mitarbeitende denkt: Die Menschen hier haben auf mich gewartet.”
Stefanie Gierth, Integrationsbeauftragte am Vivantes Klinikum Am Urban, Berlin

Dass es sie einmal in die Pflege ziehen würde, stand für Stefanie Gierth schon früh fest. Mit ihrem Großvater, der einst Lazarettzüge fuhr, operierte sie als Kind Teddys. 1991 macht sie ihr Examen als Krankenschwester. Die erste Station nach der Ausbildung führt sie ins Krankenhaus Neukölln. Seit 2007 ist sie bei Vivantes Praxisanleiterin und gibt ihr Wissen an junge Menschen weiter. Geprägt hat sie ihre frühere Arbeit am Brustkrebszentrum, hier half sie beim Aufbau mit. „Wir waren ein enges Team aus pflegerischer und ärztlicher Versorgung – von der Chefärztin bis zur Pflegerin auf Augenhöhe. Das hat viel mit mir gemacht.“ Nun hat sie in der Integrationsarbeit ihr Zuhause gefunden. 2021 absolviert sie die Fortbildung zum Integrationscoach und ihr Arbeitgeber macht sie zur freigestellten Praxisanleiterin und Integrationsbeauftragen. Seit 2022 nimmt die Klinik Pflegefachkräfte aus dem Ausland auf. Mit der ihr eigenen Mischung aus Empathie und Fachwissen betreut Stefanie Gierth seitdem viele Neuankömmlinge. Sie empfängt am ersten Tag, fährt das erste Mal U-Bahn, geht zum Bäcker. Aber sie nimmt auch alle mit zur Pflegedirektion und zeigt die künftige Station. Immer begleitet. Niemals allein gelassen. „Wir müssen es schaffen, dass jeder und jede neue Mitarbeitende denkt: Die Menschen hier haben auf mich gewartet.“  

Ihr Anspruch: Das deutsche System der Pflege möglichst gut nahebringen und gleichzeitig herausfinden, was den Neuen gut liegt. Denn jeder und jede habe spezielle Fähigkeiten, die für diese oder jene Station besser geeignet seien. Stefanie Gierth geht in den vielen Rollen auf, die sie hat – Krankenschwester, Sozialarbeiterin und bei Bedarf auch mal Mutter. Mit der gleichen Empathie kümmert sich die Integrations-Allrounderin aber auch um das Kollegium vor Ort. Hat ein offenes Ohr, sensibilisiert für Gewohnheiten aus den Herkunftsländern und sucht nach Tandems, die beim Ankommen der Neuen helfen können. „Integration ist keine Einbahnstraße“, davon ist sie überzeugt, alle müssen mitarbeiten. Denn sie weiß: „Nichts ist schlimmer, als wenn gesagt wird: Du, morgen kommen drei Neue! Und keiner ist vorbereitet.“  

2024 ist dann der Moment der großen Bühne. Stefanie Gierth wird von der Initiative „Herz & Mut“ unter rund 1.000 Pflegefachpersonen aus ganz Deutschland zur „Pflegerin des Jahres 2024“ ausgewählt – eine Kollegin hatte sie nominiert. Die Preisverleihung ist „Gänsehaut pur“, noch immer bewegen die Erinnerungen. In ihrer Nominierung heißt es: „Stefanie Gierth akzeptiert jeden Menschen so, wie er ist, und begegnet den Menschen mit einer fantastischen Wertschätzung.“ 

 

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Bildnachweis: Pflegenetzwerk Deutschland / Steffen Roth