Illustration: Eine weibliche Pflegekraft steht, daneben steht geschrieben "24h"

Die psychopharmakologische Versorgung pflegebedürftiger, älterer Menschen ist mit vielen Herausforderungen verbunden. Sie kann mit Risiken für die Gesundheit und Lebensqualität der Pflegebedürftigen einhergehen und wirft zudem ethische Fragen auf. Ein angemessener Umgang mit Psychopharmaka kann hingegen dazu beitragen, Wohlbefinden und Lebensqualität zu steigern, Pflegekräften Handlungssicherheit zu geben oder unerwünschte Wirkungen von Arzneimitteln und Krankenhauseinweisungen zu vermindern. Von 2018 bis 2021 untersuchten Wissenschaftlerinnen vom Institut für Gerontologische Forschung e.V. (IGF Berlin) in einer Studie entsprechende pflegerische Handlungsfelder. Projektmitarbeiterin Dr. Kerstin Kammerer weiß, auf welche Aspekte es jeweils ankommt:

  • Rolle der Pflege: Ein angemessener Umgang mit Psychopharmaka geht mit zahlreichen Aufgaben einher. Es ist zum Beispiel wichtig, die Kooperation und Koordination mit Haus- und Fachärztinnen und -ärzten konstruktiv und kooperativ zu gestalten. Pflegekräfte sollten vorhandene Gestaltungsspielräume nutzen und reflektieren. Hierbei können Qualifikationsmaßnahmen helfen. Bei der Durchführung der Medikation mit Psychopharmaka kommt Pflegekräften die Aufgabe zu, die ärztliche Verordnung umzusetzen. Dies kann insbesondere bei Bedarfsmedikationen mit Unsicherheiten verbunden sein. Das Wissen um alternative Maßnahmen sowie ein fachlicher Austausch mit Kolleginnen und Kollegen, aber auch mit externen Akteurinnen und Akteuren kann helfen, Handlungssicherheit zu erlangen. Im Rahmen der Patientenbeobachtung geht es um die genaue Wahrnehmung und Dokumentation von Auffälligkeiten im Erleben, Verhalten oder gesundheitlichem Zustand der versorgten Pflegebedürftigen. Hier sind die Kommunikation mit Kolleginnen und Kollegen sowie Angehörigen und die Weiterleitung der Beobachtungen an Ärztinnen und Ärzten relevant.
  • Begleitung beim Eintritt der Pflegebedürftigkeit oder Einzug in eine neue Einrichtung: Der Einzug in eine Pflegeeinrichtung kann für pflegebedürftige Menschen emotional eine Herausforderung sein. Sie verlassen ihre gewohnte Umgebung und müssen sich in einer neuen einfinden. Wichtig ist in dieser Situation, die Gefühle der Bewohnerinnen und Bewohner ernst zu nehmen, ein Vertrauensverhältnis aufzubauen und feste Ansprechpersonen zu etablieren. Die eventuell bereits bestehende Medikation mit Psychopharmaka sollte fachärztlich überprüft werden. Eine eventuelle Bedarfsmedikation sollte gründlich mit Ärztinnen und Ärzten abgewogen und regelmäßig auf ihre Notwendigkeit hin geprüft werden.
  • Beziehungsgestaltung in der Pflege: Die Haltung von Pflegekräften gegenüber Pflegebedürftigen und insbesondere gegenüber Menschen mit Demenz ist von großer Bedeutung für den Umgang mit Psychopharmaka. Situationen, in denen das Handeln pflegebedürftiger Menschen unverständlich erscheint, ihre Verhaltensweisen die Pflege erschweren beziehungsweise Stress, Angst oder Hilflosigkeit beim Pflegepersonal auslösen, können dazu führen, eine psychopharmakologische Behandlung in Absprache mit dem ärztlichen Dienst einzuleiten. Um alternative Umgangsformen mit herausfordernden Reaktionen von Pflegebedürftigen zu finden, hilft es, die Hintergründe zu verstehen. Ursachen können zum Beispiel Schmerzen, Emotionen und soziale Bedürfnisse sein.
  • Einbeziehung von Angehörigen sowie rechtlichen Betreuerinnen und Betreuern: Das persönliche Umfeld der Pflegebedürftigen einzubeziehen, spielt auch beim An- und Absetzen psychopharmakologischer Medikation eine entscheidende Rolle. Angehörige können dazu beitragen, gerade Menschen mit demenzieller Erkrankung besser zu verstehen oder Medikamentenwirkungen zu beobachten. Zu beachten ist außerdem, dass rechtliche Betreuerinnen und Betreuer in die Behandlung mit Psychopharmaka einwilligen müssen, wenn die versorgten Personen nicht selbst einwilligungsfähig sind. Eine Einwilligung des Betreuers gegen den natürlichen Willen des Betroffenen bedarf der gerichtlichen Genehmigung.

Weiterführende Informationen finden Sie in der Handreichung “Herausforderungen und Handlungsmöglichkeiten im Umgang mit Psychopharmaka in der stationären und ambulanten Altenpflege“.

Psychopharmaka in der Altenpflege

Im Praxisdialog am 19. Januar um 11 Uhr stellt Dr. Kerstin Kammerer vom Institut für Gerontologische Forschung e.V. (IGF Berlin) die Handreichung vor, die auf Grundlage einer Studie zum Umgang mit Psychopharmaka in der stationären und ambulanten Pflege entstanden ist. Nutzen Sie die Gelegenheit zum Austausch.

Pflegequalität