Damit der Pflegeberuf attraktiv wird, dürfen marktwirtschaftliche Aspekte nicht die Maßgabe sein, sagt der Präsident des Deutschen Pflegerats. Im Videointerview antwortet er auf die Frage, weshalb bessere Arbeitsbedingungen und Wertschätzung nicht überall ermöglicht werden.
Franz Wagner ist Präsident des Deutschen Pflegerats, der sich für die Interessen der professionell Pflegenden einsetzt, eine berufliche Selbstverwaltung fordert und Bildungs- und Karrierechancen sowie Arbeitsbedingungen in der Pflege verbessern will. Im Videointerview beantwortet er Ihre Fragen.
Die übrigen Antwort-Clips zu Ihren Fragen finden Sie unter dem Video. Weitere Antworten können Sie hier nachlesen.
Franz Wagner: „Im Grundsatz sind die rückenschonenden Techniken und Möglichkeiten der technischen Unterstützung durch Aus- und Fortbildung bekannt. Häufig macht es der enorme Zeitdruck schwer, diese anzuwenden bzw. einzusetzen. Es gibt hier zwei Ansatzpunkte: Erstens bessere Personalschlüssel, damit ausreichend Zeit für die Versorgung vorhanden ist und zweitens Schulungen im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung, um das Bewusstsein für die Risiken und Spätfolgen zu wecken.“
Franz Wagner: „Die Schutzvorgaben sind verbindlich. Schwierig ist es mit der Kontrolle, da es täglich um hunderttausende Pflegesituationen geht. Hier muss vor Ort, im Rahmen von Arbeitsschutzbestimmungen, durch die Personalvertretung und nicht zuletzt durch die Pflegenden selbst, die das einfordern können, etwas unternommen werden. Jeder Betrieb muss laut BGW eine „bedarfsgerechte Betreuung“ vorweisen. Das sind speziell geschulte Mitarbeitende, die bei Problemen angesprochen werden können.“
Franz Wagner: „Wir tun dies in erster Linie durch Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit. Wir versuchen politische Entscheidungen zu beeinflussen. Wir vermitteln den Regierungen und Parlamenten ein möglichst realistisches Bild der Lage in der Pflegpraxis. Wir machen Vorschläge, wie die Situation verbessert werden kann. Das wird unterstützt durch eine breite Öffentlichkeitsarbeit mit Fachartikeln, Pressemitteilungen, Interviews mit Journalisten von Zeitungen, Radio und Fernsehen sowie durch Kongresse. Da andere mit ganz anderen Ansichten das auch tun, ist das ein Wettbewerb von Ideen, aber auch eine Frage der Durchsetzbarkeit. Und politische Überzeugungsarbeit ist mühsam und extrem langsam. Politische Entscheidungen sind geprägt von Kompromissen.
In der Pflege haben wir den Nachteil, dass der Organisationsgrad gering ist. Das bedeutet auch, weniger Schlagkraft und Nachdruck unserer Argumente.
Der Deutsche Pflegerat (DPR) ist ein Dachverband von Berufsorganisationen. Jeder Mitgliedsverband trägt zu den o.g. Aufgaben bei. Im DPR werden die Positionen koordiniert.“
Franz Wagner: „Ich hoffe, dass die Zukunft für den Beruf gut aussieht. Denn die heutige Krise beinhaltet auch die Chance, dass endlich eingesehen wird, dass sich grundsätzlich etwas ändern muss. Wir wissen, dass es sehr schwer ist, freie Stellen zu besetzen. Wir wissen, dass in den nächsten zehn bis zwölf Jahren etwa 40 Prozent der Berufsangehörigen das Rentenalter erreichen. Die aktuelle Jugendbefragung im Auftrag des BMFSFJ hat gezeigt, dass sich 21 Prozent der Jugendlichen grundsätzlich vorstellen können, in der Pflege zu arbeiten. Allerdings müssen sich dazu die Arbeitsbedingungen, das Gehalt und die Aufstiegsmöglichkeiten deutlich verbessern.“