Emotionale Nähe, Berührungen der Haut und Fantasie – das alles gehört zur Sexualität. Dass auch Pflegebedürftige das Bedürfnis danach haben, ist oft ein Tabuthema und muss zudem sensibel, strikt und professionell von der Nähe getrennt werden, die die Pflegetätigkeiten als solche mit sich bringen. Der richtige Umgang fordert sowohl die Pflegebedürftigen als auch die Fachkräfte heraus und ist eine Gratwanderung. Das Bedürfnis nach Sexualität und Intimität aber zu ignorieren, ist ein Fehler, findet Palliativexpertin Marlis Lamers. Sie hat Tipps, wie ein achtsamer Umgang mit Intimität im Pflegealltag gelingen kann:
- Ins Gespräch kommen: Pflegekräfte sollten mit Pflegebedürftigen über deren emotionale und sexuellen Bedürfnisse sprechen. Dabei ist es wichtig, diese als Normalität zu betrachten. So erkennen sie nicht nur ihre Sexualität an sich an, sondern auch ihre Autonomie und Individualität in diesem Bereich.
- Verständnis zeigen: Auf Hilfe angewiesen zu sein, Schmerzen zu haben oder durch eine Demenz kognitiv eingeschränkt zu sein, verändert die Gefühlswelt. Manche werden sensibler, andere verlieren den Bezug zur Außenwelt und reagieren rein aus dem Gefühl heraus. Wenn sich Pflegekräfte vor Augen führen, dass hinter der gezeigten Emotion ein Bedürfnis nach Nähe stehen kann, fällt es ihnen leichter, angemessen auf bestimmte Verhaltensweisen zu reagieren.
- Selbstreflexion üben: Um Sexualität in Zukunft besser zu ermöglichen, ist es wichtig, vorhandene Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Verantwortliche Fachkräfte in Pflegeeinrichtungen sollten sich deswegen die Frage stellen: Ist Privatsphäre und Intimität für Pflegebedürftige bei uns überhaupt möglich? Mit welchem Verhalten unterdrücken wir Sexualität unter Umständen sogar? Was hindert Pflegebedürftige bei uns, ihre sexuellen Bedürfnisse auszuleben?
- Räumliche Voraussetzungen schaffen: Häufig gibt es in Pflegeeinrichtungen kaum Raum für Intimsphäre. Es sollte für Pflegebedürftige möglich sein, auf Wunsch ungestört die Nacht zu zweit verbringen zu können. Darüber hinaus kann erwogen werden, Sexualassistentinnen und -assistenten hinzuziehen.