Was geschieht bei einem Stromausfall oder bei einem Hochwasser mit Pflegebedürftigen in häuslicher Pflege? Wie können sich ambulante Pflegedienste auf solche Alltagsstörungen einstellen? In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt „Aufrechterhaltung der ambulanten Pflegeinfrastrukturen in Krisensituationen“ (AUPIK) hat ein Konsortium aus Wissenschaft und Praxis entsprechende Handlungsansätze entwickelt.
Alte Menschen, chronisch Kranke oder auch technikabhängige Patientinnen und Patienten aller Altersgruppen werden häufig von ambulanten Pflegediensten in Privathaushalten versorgt. Die Pflegedienste spielen damit eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung einer dezentralen häuslichen Versorgung vulnerabler Bevölkerungsgruppen. Jedoch hat nicht zuletzt auch die Corona-Pandemie gezeigt, dass ambulante Pflegedienste in Deutschland kaum auf Notfälle, Krisen und Katastrophen vorbereitet sind. Im Projekt „Aufrechterhaltung der ambulanten Pflegeinfrastrukturen in Krisensituationen“ (AUPIK) wurden daher Ansatzpunkte erarbeitet, wie dieser Herausforderung begegnet und die Widerstandsfähigkeit ambulanter Pflegedienste gestärkt werden kann. Durchgeführt wurde das Projekt von einem multidisziplinären Konsortium, an dem neben dem Internationalen Zentrum für Ethik in den Wissenschaften (IZEW) der Universität Tübingen, dem Generalsekretariat des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) und der Vincentz Network GmbH & Co. KG Hannover auch das Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft (IGPW) der Charité-Universitätsmedizin Berlin beteiligt war.
„Eine Erkenntnis aus dem Projekt ist, dass es ein wesentlich größeres Problembewusstsein auf diesem Gebiet braucht“, konstatierte Dr. Michael Köhler vom IGPW und Koordinator des AUPIK-Teilprojektes „Sicherheit und Pflege“ auf der BMG-Fachveranstaltung „Lehren aus der Corona-Pandemie und zukünftige Krisenresilienz in der Langzeitpflege“ am 6. Dezember 2023.
Identifikation von Schnittstellen zwischen ambulanter Pflege und Katastrophenschutz
Im Rahmen des Projekts wurden zunächst die Organisation der Pflegedienste und des Katastrophenschutzes sowie der Abläufe in der häuslichen Pflege analysiert. Parallel wurden rechtliche Regelungen, organisatorische Strukturen und notwendige Fähigkeiten in Pflege und Katastrophenschutz untersucht. Auf dieser Basis wurden anschließend Schnittstellen identifiziert und organisatorische Maßnahmen zur Zusammenarbeit im Katastrophenfall entwickelt. Für den Extremfall, dass die dezentrale häusliche Pflege in einer Ausnahmesituation nicht aufrechterhalten werden kann, erstellte das Projektkonsortium zudem einen Plan zum kurzfristigen Aufbau von zentralen Betreuungsstationen.
Um eine möglichst große Praxisnähe zu gewährleisten, führte das Projekt AUPIK seine Forschungsarbeiten in einer Modellregion durch. Hierfür wurden die Stadt Magdeburg sowie ihr Umland gewählt. Gleichzeitig waren Praxispartner wie das DRK eingebunden, die als Nationale Hilfsgesellschaft Strategien sowie Informations- und Bildungsmaterial für Hilfsorganisationen zur Unterstützung ambulanter Pflegedienste in Katastrophen entwickeln.
Welche Faktoren sind für die Vorbereitung der ambulanten Pflege wichtig?
„Im Projekt konnten wir im Kern mehrere Problemfelder identifizieren, die für einen besser funktionierenden Katastrophenschutz in der ambulanten Pflege zukünftig bedacht werden müssen“, so Dr. Michael Köhler. Zum einen müsse es eine stärkere Vernetzung zwischen den Akteuren geben, also zwischen den regionalen ambulanten Pflegediensten untereinander sowie zwischen den Pflegediensten und den Behörden des Katastrophenschutzes, den Gemeinden und Kommunen. Zum anderen müssten Krisenkonzepte und vorbereitende Maßnahmen systemisch gedacht und implementiert werden. „Das geschieht bisher noch viel zu wenig, ebenso wenig wie eine kontinuierliche wissenschaftliche Evaluation möglicher Maßnahmen”, bilanzierte Köhler. Ein zentraler Punkt ist aus seiner Sicht auch die Weiterbildung von Mitarbeitenden, für die es noch an Schulungsmaterialien fehle.
Mit seinen Informationsmöglichkeiten und Weiterbildungstools will AUPIK einen Beitrag zu einer besseren und fachlich gesicherten Krisenvorbereitung leisten. Mehrere Publikationen zum Thema sind bereits veröffentlicht.
„Von großer Bedeutung wird sein, dass es für ambulante Pflegedienste und Katastrophenschutz Begegnungsräume gibt, um gemeinsam die Widerstandsfähigkeit häuslicher Pflegearrangements in Krisen- und Katastrophenfällen zu erhöhen“, so Köhler weiter. Allein das Verständnis für gegenseitige Strukturen und Arbeitsweisen sowie die regionale Vernetzung könne schon viel bewirken.
Vortrag als Video ansehen
Hier geht es zur Aufzeichnung des Vortrags von Dr. Michael Köhler vom Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft an der Charité Universitätsmedizin Berlin während der Fachveranstaltung „Lehren aus der Corona-Pandemie und zukünftige Krisenresilienz in der Langzeitpflege“.
Dr. Michael Köhler von der Charité-Universitätsmedizin und Projektkoordinator von AUPIK hat im Praxisdialog am 6. Februar 2023 über Ergebnisse aus dem Projekt berichtet und die wichtigsten Erkenntnisse geteilt. Hier finden Sie die Aufzeichnung und die Präsentation seines Vortrags.
Hier finden Sie weiterführende Informationen zum Projekt:
Mehr zum Projekt AUPIK finden Sie auf der Webseite: https://aupik.de/ und auf der Website zum Projekt bei der Charité Universitätsmedizin Berlin
Eine Auswahl der im Projekt entstandenen Veröffentlichungen gibt es hier: