In der ausgewerteten Fachliteratur wird betont, dass das Führungsverhalten der Leitungskräfte einen großen Einfluss auf die Arbeitsbedingungen, die Gesundheit und die organisationale Bindung der Beschäftigten und letztlich auf die Attraktivität der Einrichtungen habe. Eine verantwortungsvolle Führung habe weitreichenden Einfluss auf die Wechselabsicht des Pflegepersonals, insbesondere beim Pflegenachwuchs. Allerdings seien Leitungskräfte in der Pflege teilweise für die Führungsrolle nicht spezifisch ausgebildet

 

Hintergrund zur Arbeitsplatzstudie

Für die im Auftrag des BMG durchgeführte Studie zur Arbeitsplatzsituation in der Akut- und Langzeitpflege wurden 5.500 beruflich Pflegende befragt und die Ergebnisse ausgewertet. Die Studie wurde von den Konsortien contec GmbH, IEGUS Institut, WifOR und der Ruhr-Universität Bochum sowie IGES Institut, IAW und Karla Kämmer Beratungsgesellschaft durchgeführt. Weitere zentrale Erkenntnisse finden Sie auf der Überblicksseite zum Projekt.  

Auch in den Befragungen wird der Qualität der Führung eine zentrale Rolle bei der Arbeitsplatzzufriedenheit und beim Verbleib im Pflegeberuf zugeschrieben. Viele der Befragten beschreiben den Status quo in Bezug auf die Führung in der Pflege als eines der größten Probleme des Pflegeberufs. Die aktuell häufig erlebten hierarchischen Führungsstile passen laut der befragten beruflich Pflegenden nicht zu den heutigen Herausforderungen und den Wünschen nach einem partnerschaftlichen, unterstützenden Führungsstil, der eigene Handlungsspielräume ermöglicht. Gegenwärtig scheinen eher pflegefachliche Kriterien statt konkreter Führungskompetenzen ausschlaggebend für die Besetzung von Leitungspositionen zu sein. Auffallend ist, dass Aspekte, die für beruflich Pflegende einen hohen Stellenwert haben, derzeit noch viel zu selten umgesetzt werden (siehe Abb. 7).

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Abbildung 7: Bewertung und Umsetzung der Maßnahmen zur Förderung der Teamatmosphäre und Verbesserung der Führung (Nicht-Leitungskräfte), IEGUS, 2022

In der Studie konnte anhand einer Auswertung von Unternehmensbewertungsportalen gezeigt werden, dass Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in der Pflege mehr Möglichkeiten zur Stärkung ihrer Attraktivität für beruflich Pflegende haben, als sie aktuell in der Praxis wahrnehmen. Besonders hoch gewichtet bei den Bewertungen wird erneut der Bereich „Führungsverhalten“. Bei einer Auswertung von eigenen Anmerkungen der Bewertenden standen mit den vier Themen „Unterstützung durch Vorgesetzte“, „Arbeitsklima“, „Führungsstil“ und „Wertschätzung durch Vorgesetzte“ die Hälfte der genannten Themenbereiche für Verbesserungen im Zusammenhang mit dem Führungsverhalten. Auch bei den betrieblichen Zusatzleistungen („benefits“) besteht nach der Auswertung noch einiger Spielraum, die Attraktivität des eigenen Betriebs zu steigern.

Was können Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber in der Pflege tun? 

Im Rahmen der Studie wurden 18 Indikatoren identifiziert, die die Arbeitgeberattraktivität steigern können. An vorderster Stelle stehen die Wertschätzung und Unterstützung im Arbeitsalltag – sowohl durch Vorgesetzte als auch durch Kolleginnen und Kollegen (siehe Abb. 8). Ebenfalls wurde eine Toolbox mit 50 praxiserprobten Methoden zur Steigerung der Arbeitszufriedenheit für die praktische Erprobung von Mai 2021 bis Januar 2022 in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen erstellt. Die Ergebnisse der praktischen Erprobung zeigen, dass die Arbeitgeberattraktivität in der Pflege insbesondere auch durch betriebliche Maßnahmen in den Bereichen Führung (Wertschätzung und Unterstützung durch Vorgesetzte, sowie partizipativer Führungsstil), Arbeitszeitgestaltung (zum Beispiel durch eine verlässliche Dienstplangestaltung) sowie durch eine gezielte Außendarstellung des Unternehmens und seiner Werte verbessert werden kann.

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Abbildung 8: : 18 Indikatoren für gute Arbeitsplätze in der Pflege, IGES/IAW/Karla Kämmer Beratung, 2021

Was tut die Bundesregierung?

Grundsätzlich ist bereits jetzt in § 71 Absatz 3 SGB XI geregelt, dass eine verantwortliche Pflegefachperson neben einer bestimmten Ausbildung und Berufserfahrung auch eine Weiterbildungsmaßnahme für eine leitende Funktion durchlaufen haben soll. Bisher gibt es jedoch keine systematische Übersicht, wie die Länder die entsprechenden Weiterbildungsmaßnahmen regeln, welche Kompetenzen von den verantwortlichen Pflegefachpersonen erwartet werden und ob es darüber hinaus auch andere Weiterbildungsmaßnahmen für Führungskräfte gibt. Daher wurde im Rahmen der Konzertierten Aktion Pflege eine Studie „Weiterbildung von Pflegefachpersonen zur Führungskraft“ beauftragt, in der u.a. die Anforderungen an Leitungs- und Führungskräfte in Bezug auf die Arbeitsorganisation und die Personalführung untersucht wurden. Die Ergebnisse werden zeitnah erwartet.

Stimmen aus der Praxis: Gute Führung – aber wie?

Gemeinsam mit verschiedenen Praxispartnerinnen und -partnern wurden die in der Studie erarbeiteten Handlungsempfehlungen teilweise erprobt:

  • Beispiel aus der stätionären Pflege: Eva Buder, Geschäftsführerin der Volksolidarität habilis gGmbH aus Magdeburg, erläutert beispielsweise Erfahrungen, die in der Seniorenresidenz „Georg Stilke“ erarbeitet wurden. Dort wurde ein Projekt zum Indikator „Zeit für individuelle Pflege organisieren“ entwickelt und erprobt: Wie können Arbeitsabläufe verbessert, Ressourcen erkannt und die Mitarbeitendenzufriedenheit erhöht werden? hier geht's zum Interview mit Eva Buder
     
  • Beispiel aus der ambulanten Pflege: Monika Materne, Pflegedienstleitung Sozialstation Schmallenberg, Caritasverband Meschede e.V. berichtet u.a. von Erfahrungen mit einem neuen System von Flexibilitäts- und Hintergrunddiensten sowie dem Umgang mit altergerechten Diensten. hier geht's zum Interview mit Monika Materne