In der Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz geht es um eine Wende, um eine bewusste Haltensveränderung: Weg von der rein funktionalen Ausrichtung hin zur empathischen Zugewandtheit mit Raum für die Wahrung, Würdigung und zur Stärkung der Person. Denn die Person bleibt – auch mit der Krankheit. Der Expertenstandard soll dazu beitragen, die Professionalität der Pflege zu stärken und eine zugewandte Pflege umzusetzen.
Nach wie vor ist das Bild von Menschen mit Demenz in der Gesellschaft vielfach negativ geprägt. Das beeinflusst auch das Bild, das beruflich Pflegende auf diese Personengruppe haben können, insbesondere, wenn die Berührungspunkte noch nicht so intensiv bestehen. Vor diesem Hintergrund, aber auch generell soll der Expertenstandard „Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz“ befördern, eine aufmerksame, zugewandte Pflege und Betreuung professionell, kompetent und sensibel umzusetzen zu können – eben person-zentriert. Wie Prof. Dr. Martina Roes von der Universität Witten/Herdecke und Mitglied der Expertengruppe des Deutschen Netzwerks für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) bei der Fachveranstaltung am 14. November betonte, sei eine wichtige Voraussetzung dafür, dass Pflegekräfte hierzu fachlich geschult werden und Fortbildungen erhalten. Zentral ist hier zudem die Sensibilisierung für die Möglichkeiten einer Beziehungsgestaltung. Mit dem neu gewonnenen Wissen können Betreuung und Pflege anders möglich werden und Begegnungen zwischen Pflegeperson und gepflegter Person auf Augenhöhe stattfinden.
Der Expertenstandard soll dahinführen und impliziert, dass jeder unterstützungs-, hilfe- oder auch pflegebedürftige Mensch ein Angebot zur Beziehungsgestaltung erhält und das Gefühl gefördert wird:
Den Expertinnen und Experten zufolge soll eine gezielte und bewusste Beziehungsgestaltung dazu beitragen, Menschen mit Demenz mehr emotionale Stabilität und Zufriedenheit zu verschaffen. Dabei steht nicht nur die Beziehung zwischen Pflegenden und zu Pflegenden im Fokus, sondern auch die Beziehung zu Familie und Freunden.
Den Expertenstandard weiterentwickeln
Darüber hinaus erläuterte Martina Roes, dass es immer klarer würde, wie bedeutsam es sei, sehr differenziert vorzugehen und die unterschiedlichen Anforderungen durch die unterschiedlichen Demenzformen und -Ausprägungen zu berücksichtigen. Das betrifft nicht nur die in der Pflege tätigen Fachpersonen, sondern alle Akteure, die an der direkten Versorgung vorn Menschen mit Demenz beteiligt sind.
Bei der für ab 2024 geplanten Weiterentwicklung und Überarbeitung des Expertenstandards, soll darüber hinaus auch die Vielfalt der Gesellschaft insgesamt thematisiert werden und die Bedürfnisse verschiedener Personengruppen, wie u. a. Menschen mit Migrationshintergrund, Menschen mit Behinderungen oder queere Menschen, in Bezug auf Pflege und Beziehungsgestaltung berücksichtigt werden.
Der Expertenstandard „Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz“ wurde durch das Deutsche Netzwerk für Qualitätssicherung in der Pflege (DNQP) in Kooperation mit dem Deutschen Pflegerat und mit finanzieller Förderung des Bundesministeriums für Gesundheit entwickelt. Er stellt den Person-zentrierten Ansatz in der Pflege in den Mittelpunkt.
In Krankenhäusern werden immer mehr Menschen mit Demenz behandelt. Manchmal sind es Kleinigkeiten, die den Umgang mit ihnen oder die Verständigung erschweren. Die Beziehungsgestaltung ist ein entscheidender Schlüssel für eine gute Versorgung, berichtet Sabine Herler-Kettrukat vom AGAPLESION Markus Krankenhaus Frankfurt.
Menschen mit Demenz verlieren immer mehr Kompetenzen, wodurch ihr Identitätsgefüge aus dem Gleichgewicht gebracht wird. Damit Pflegekräfte sich besser in diese Situation einfühlen können, hat Barbara Klee-Reiter das Demenz-Balance-Modell erarbeitet. Auf der Veranstaltung hat sie ihre Erfahrungen im Umgang damit vorgestellt.