Ab dem 1. Juli 2023 werden gesetzlich bundeseinheitliche und an der individuellen Bewohnenden-Struktur ausgerichtete Personalanhaltswerte für vollstationäre Pflegeeinrichtungen nach § 113c SGB XI vorgegeben. Was das bedeutet, erläutern Expertinnen und Experten aus der Sicht der Pflegekassen.
Beruflich Pflegende wünschen sich mehr Kolleginnen und Kollegen und eine stärkere kompetenzorientierte Aufgabenverteilung, um ihre Tätigkeit zufriedenstellend und zum Wohle der Pflegebedürftigen ausüben zu können. Das ist eine der zentralen Erkenntnisse der jüngst veröffentlichten Studie zur Arbeitsplatzsituation in der Akut- und Langzeitpflege. (mehr Infos zur Studie gibt es hier)
Wie aber kann künftig ein kompetenzorientierter Personalmix umgesetzt werden? Die Bundesregierung hat hierfür erstmals ein bundeseinheitliches Personalbemessungsverfahren für die stationäre Langzeitpflege gesetzlich normiert. Ab 1. Juli 2023 gelten für vollstationäre Pflegeeinrichtungen bundesweite Höchstwerte für die personelle Ausstattung. Individuell hingegen ist in den Bundesländern eine personelle Mindestausstattung festzulegen. Dadurch soll die Einstellung und Finanzierung von zusätzlichem Pflegefach- und insbesondere Pflegeassistenzpersonal in der Langzeitpflege ermöglicht werden mit dem Ziel, die Personalsituation in Pflegeeinrichtungen zu verbessern.
Als Grundlage hierfür dienen die gemeinsamen Empfehlungen nach § 113c Absatz 4 SGB XI des Spitzenverbands Bund der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV-SV), der Pflegekassen und Leistungserbringer. „Die Empfehlungen bildeten den Startschuss zur Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen. Sie beschreiben die Ausgangslage in der Personalzusammensetzung – also wieviel Personal brauche ich in welcher Zusammensetzung und mit welcher Qualifikations- und Kompetenzorientierung“, erklärt Ulrike Bode, Leiterin des Referats Pflegeversicherung beim GKV-SV.
Auf der Landesebene sind in den Rahmenverträgen für die vollstationäre Langzeitpflege die Grundlagen zur Umsetzung des Personalbemessungsverfahrens festzulegen. „In den Pflegesatzvereinbarungen sind dann Stellenschlüssel für das Pflege- und Betreuungspersonal zu vereinbaren, die mindestens den in den Landesrahmenverträgen geltenden Vorgaben zur Personalausstattung für das Pflege- und Betreuungspersonal entsprechen und sich künftig an den gesetzlichen Personalanhaltswerten ausrichten“, erklärt Sven Kaller vom AOK-Bundesverband.
Die Unterteilung der personellen Ausstattung von Pflege- und Betreuungspersonal in drei Qualifikationsstufen soll perspektivisch die bisherige starre Fachkraftquote ablösen. „Die bundeseinheitlichen Empfehlungen regen zum Beispiel an, dass Einrichtungen von den geltenden landesrechtlichen Vorgaben für den Fachkräfteanteil abweichen können, wenn sie zusätzliches Pflegehilfskraftpersonal vereinbaren und dadurch im Verhältnis mehr Pflegehilfskräfte als Fachkräfte haben“, so Ulrike Bode. Wichtig zu wissen sei aber, dass eine Abweichung nach unten – also ein Abbau von Fachkräften – nicht möglich sei. „Hier bleibt es bei der jeweiligen Fachkraftquote, denn Ziel des Personalbemessungsverfahren ist, dass mehr Personal vorhanden ist – nicht weniger“, unterstreicht Ulrike Bode. Darunter fällt auch, dass vorhandenes Personal Bestandschutz habe und nicht abgebaut werden dürfe. Das gelte selbst dann, wenn die neuen Personalanhaltswerte rechnerisch im Einzelfall zu einem geringeren Bedarf an einzelnen Qualifikationen führen, als bereits Personal vorhanden ist. Sven Kaller vom AOK Bundesverband erklärt: „Der Personalaufbau kann aber nur im Prozess stattfinden, denn zusätzliches Personal ist natürlich nicht auf Knopfdruck vorhanden. Außerdem bestehen in den Bundesländern strukturelle Hürden zur Qualifizierung von Pflegepersonal und die derzeitigen Ausbildungskapazitäten von Pflegepersonal mit ein- bzw. zweijähriger Ausbildung reichen nicht aus, um den zukünftigen Bedarf sicherzustellen. Daher müssen die Länder erheblich in die Ausbildung investieren bzw. ihre bisherigen Maßnahmen verstärken, damit zumindest die Grundlagen für den Personalaufbau geschaffen werden.“
Die neuen Regelungen zur Personalbemessung in vollstationären Pflegeeinrichtungen nach § 113c SGB XI – das Wichtigste für Pflege- und Betreuungskräfte und Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber auf einen Blick, imklusive ausführlichen FAQ mit vielen Fragen und Antworten!
Im Praxisdialog am 19. Juli, 16:00 Uhr erläutern Ulrike Bode vom Spitzenverband Bund der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV-SV), Matthias Volke vom Verband der Ersatzkassen e.V. (vdek), Sven Kaller vom AOK-Bundesverband und Anne Erd, AWO Landesverband Bayern e.V, Hintergründe und Details zu den bundeseinheitlichen Empfehlungen zur Personalbemessung.