Als Pflegedienstleiterin und stellvertretende Leiterin einer stationären Pflegeeinrichtung erzählt Bettina, wie ihr Team die Corona-Zeit meistert.
Hinweis: Die hier veröffentlichten Antworten geben die Sichtweise der jeweiligen Absender wieder und nicht die fachliche oder juristische Position des Bundesministeriums für Gesundheit.
Bettina: »Die Übernahme der „Sonderaufgaben“ basierte auf reiner Freiwilligkeit. Tatsächlich sind die Fachkräfte selbst auf das Leitungsteam zugekommen und haben den Vorschlag gemacht, zum Wohle der Bewohnerinnen und Bewohner und in Abstimmung mit den Kolleginnen und Kollegen diese „Sonderaufgabe“ zu übernehmen.«
Bettina: »Im Vordergrund stehen auf jeden Fall die Kernaufgaben, die zu erledigen sind. Wenn sich darüber hinaus Zusatzaufgaben ergeben, wird im Team und mit der Leitung besprochen, wie, wo und in welchem Umfang diese Aufgaben abgeleistet werden können. Generell lässt sich sagen, dass solche Aufgaben, sofern es möglich ist, einige Tage im Voraus geplant werden.«
Bettina: »Es lässt sich sagen, dass es ein enormer Aufwand für das gesamte Pflege- und Betreuungsteam war, den Bewohnerinnen und Bewohnern die aktuelle Situation deutlich und verständlich zu machen – aber auch gegenüber den Angehörigen. Nicht immer ist der Umgang mit der Corona-Situation (Kontaktverbot etc.) auf Befürworter gestoßen. Aber generell kann man feststellen, dass die Bewohner und ihre Angehörigen positiv auf uns gestimmt sind. Sie merken, dass das gesamte Pflege- und Betreuungsteam alles daran setzt, den Bewohnerinnen und Bewohnern trotz der aktuellen Situation einen schönen Alltag zu verschaffen. Insbesondere die Möglichkeit, Kontakt mit den Angehörigen über Skype oder nunmehr über die Besucherboxen zu haben, wurde gut angenommen. Kürzlich haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sozialen Betreuung zusammen mit den Bewohnerinnen und Bewohnern persönliche Briefe mit Fotos an die Angehörigen geschickt, dass sie sich über ein baldiges Wiedersehen freuen würden.«
Bettina: »Wie im Text aufgeführt ist, übernehmen die Pflegekräfte nicht die Aufgaben mit, sondern arbeiten den externen Dienstleistern zu. Zum Beispiel bei der Fußpflege: Wenn eine Bewohnerin oder ein Bewohner einen eingewachsenen Zehennagel hat, hat die Pflegefachkraft, die gelernte Fußpflegerin ist, auf die Füße geschaut. Sie konnte einschätzen, ob es notwendig ist, eine Podologin oder einen Podologen hinzuzuziehen, weil eventuell eine Entzündung besteht oder droht. Ansonsten konnte die Fachkraft den Nagel kürzen.
Weiteres Beispiel zum Friseur: Kürzlich hatten wir eine Bewohnerin, die ihren 100. Geburtstag erlebt hat. Weil die Zeitung einen Bericht mit Bild von ihr veröffentlichen wollte, hat die Fachkraft, die ehemalige Friseurmeisterin ist, freiwillig angeboten, für den Ehrentag eine Ausnahme zu machen und ihr unter Einhaltung der Hygienemaßnahmen die Haare zu schneiden.«
Bettina: »Das gesamte Team hat Freiraum geschaffen, damit diese kurzen Aufgaben innerhalb der Dienstzeit durchgeführt werden konnten. Wie schon im ersten Absatz deutlich gemacht, wurden solche „Sonderaufgaben“ bisher nur sehr selten und nur in Absprache mit den Leitungen durchgeführt.
Ich gehe damit konform, dass solche „Sonderaufgaben“ insbesondere in der Covid-19-Zeit nicht zur Gewohnheit werden sollten – einfach auch zum Schutz der eh schon überlasteten Mitarbeiter. Die Kernaufgaben gehen dabei natürlich immer vor.«
Bettina: »Covid-19 hat für unser Pflegeheim neue Aufgaben mit sich gebracht. Um sie optimal zu verteilen, nahm die Hausleitung zunächst die Fähigkeiten aller Beschäftigten neu unter die Lupe. Dabei zeigte sich, dass einige Mitarbeiterinnen etwa eine Erstausbildung als Friseurin oder Fußpflegerin haben. Sie können nun externen Dienstleistern zum Teil zuarbeiten, so dass diese möglichst wenig Zeit im Haus verbringen müssen – und damit Ansteckungsrisiken durch zusätzliche persönliche Kontakte vermeiden.
Für die Umsetzung der Hygienemaßnahmen haben alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem Haus kreative Lösungen vorgeschlagen, um trotz knapper Ressourcen den Hygienestandard aufrechtzuerhalten. So bestückten wir kurzerhand einen Eimer mit Desinfektionslösung, in dem vorher Desinfektionsrollen enthalten waren, mit handelsüblichen Wischtüchern, die bei 60 Grad waschbar sind.
Externe Institutionen wie Krankengymnastik, Apotheken oder Hausärzte wirken ebenfalls mit, um eine Verschleppung von infektiösen Materialien zu verhindern. Persönliche Kontakte prüfen wir auf Erforderlichkeit und nehmen sie möglichst für mehrere Personen gleichzeitig vor. Außerdem greifen wir vermehrt auf telefonische Visiten zurück. Die Apotheken im Umkreis stellen Desinfektionsmittel her, das wir nutzen können, sobald unsere Reserven aufgebraucht sind. Alle externen und internen Bereiche stehen stetig im engen Kontakt per Telefon oder E-Mail.
Achtsam miteinander umgehen
Wir wahren weiterhin die Individualität der Bewohnerinnen und Bewohner. In der Einrichtung wurde Skype etabliert, damit sie über Tablet weiterhin mit ihren Angehörigen Face-to-Face kommunizieren können. Hier entlastet die Verwaltung die Pflegekräfte noch zusätzlich: Es gibt nun eine Rufnummer nur für die Anrufe der Angehörigen von Bewohnerinnen und Bewohnern, die kein Telefon auf ihrem Zimmer haben. Die Soziale Leitung des Haues kümmert sich darum, diese Anrufe weiterzureichen.
So sind die Hilfsbereitschaft und die Achtsamkeit im Team stark gestiegen. Alle nehmen Rücksicht aufeinander und gehen teilweise über ihre normalen Tätigkeiten hinaus: Die Betreuungskräfte beispielsweise verteilen nun vollständig die Mahlzeiten, sodass das Pflegepersonal mehr Zeit für Versorgung und Essenanreichen hat.
Die Schnittstellen und die Bereichsleitungen sorgen dafür, dass ausreichend Pausen und auch mal freie Tage gemacht werden können. Der Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter steht dabei an oberster Stelle.
Man kann sagen, dass alle dafür kämpfen, dass es den Bewohnerinnen und Bewohnern gut geht, aber auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Somit hat das gesamte Team im Haus ein Ziel vor Augen: Die Krise gut zu meistern.«
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