Das Modellprogramm geht dabei auf das Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz (DVPMG) aus dem Jahr 2021 zurück. Es schaffte die gesetzliche Grundlage, um Telepflege nach § 125a SGB XI in einem Modellprogramm systematisch zu erproben. Für den Zeitraum 2022 bis 2025 wurden dafür insgesamt 10 Millionen Euro aus dem Ausgleichsfonds der Pflegeversicherung zur Verfügung gestellt. Der GKV-Spitzenverband ist verantwortlich für die Festlegung von Zielen, Dauer, Inhalten und Durchführung. Wissenschaftlich wird das Programm bis zum Ende durch die Prognos AG begleitet und evaluiert. „Wir wollen herausfinden, welche Chancen und Grenzen Telepflege in der Praxis hat – und wie sie die Versorgung sinnvoll ergänzen kann“, sagt Britta Gräfe, Fachreferentin in der Forschungsstelle Pflegeversicherung beim GKV-Spitzenverband.

Wo ist Telepflege besonders geeignet?

Das Modellprogramm schafft den Rahmen dafür, wissenschaftlich gestützt zu erproben und zu prüfen, wie telepflegerische Lösungen die Versorgung pflegebedürftiger Menschen verbessern und gleichzeitig An- und Zugehörige sowie Pflegekräfte entlasten können – etwa durch weniger Wegezeiten, flexiblere Kommunikation oder neue Beratungsformen. Ebenso sollte untersucht werden, welche telepflegerischen Anwendungsfelder besonders geeignet sind, und wie sich Telepflege auf die Zusammenarbeit mit Angehörigen oder anderen Berufsgruppen auswirkt. Darüber hinaus ging es um die Klärung technischer, rechtlicher und organisatorischer Fragen: Welche Ausstattung wird in den Einrichtungen benötigt? Welche Qualifikationen braucht das Personal? Wie lassen sich Datenschutz und Dokumentation sicherstellen? Langfristig sollen bis 2027 fundierte Empfehlungen entwickelt werden, wie Telepflege dauerhaft in die Pflegeleistungen integriert werden kann.

Breites Spektrum an Einrichtungen hat teilgenommen

„Uns war wichtig, im Programm ein möglichst breites Spektrum an Pflegeeinrichtungen abzubilden – von kleinen Diensten bis zu großen Trägern“, betont Gräfe. Aus insgesamt 60 Bewerbungen wurden daher am Ende zwölf Projekte mit ambulanten und stationären Einrichtungen und der Tagespflege aus verschiedenen Regionen ausgewählt, die im Modellprogramm eine Förderung erhielten. Erprobt wurden in allen zwölf Projekten unterschiedliche Anwendungsformen: Videoberatung durch Pflegefachkräfte, Televisiten, Abstimmungen mit Ärztinnen und Ärzten oder digitale Konsile. 

In vier Projekten ging es um die videogestützte Beratung in der Häuslichkeit nach § 37 Absatz 3 SGB XI. „Anders als in der Telemedizin gehen die Videokontakte in der Telepflege dabei immer von Pflegefachpersonen aus – sie entscheiden, wann und wofür Videokommunikation sinnvoll ist“, so Gräfe. 

Wo bietet Telepflege Chancen für Entlastung?

„Nun, gegen Ende des Programmes und vor Veröffentlichung der Ergebnisse, können wir konstatieren, dass die Telepflege besonders bei Beratung, Kommunikation und Entlastung von Präsenzleistungen Chancen bietet“, berichtet Gräfe. „Sowohl Pflegekräfte als auch die Pflegebedürftigen und die Angehörigen profitieren von den Anwendungen – insbesondere in geografisch dünn besiedelten Gebieten“, fasst sie die Rückmeldungen aus den beteiligten Einrichtungen zusammen. 

Allerdings müssen nach wie vor auch viele Hürden überwunden werden. Dazu gehören neben den hohen Datenschutz- und Dokumentationsanforderungen auch technische und infrastrukturelle Barrieren. Nach wie vor benötigen viele Pflegeeinrichtungen noch stabile Internetverbindungen, geeignete Endgeräte und Schnittstellen. Ebenso variiert die Akzeptanz bei Pflegekräften und Pflegebedürftigen – Schulungen sind daher entscheidend, damit die Anwendungen künftig auch breit genutzt werden. 

Langfristig bundesweite Empfehlungen entwickeln

„Telepflege kann Präsenzkontakte nicht ersetzen, aber sie sinnvoll ergänzen“, bilanziert Britta Gräfe. Sie schaffe Flexibilität, verbessere die Erreichbarkeit und eröffne neue Wege, um Pflegebedürftige einzubeziehen. Gleichzeitig bleibt klar: Nur mit geeigneter Technik, guter Schulung und klaren Strukturen lässt sich der Mehrwert auch wirklich in der Praxis heben. Die Ergebnisse des Modellprogramms werden offiziell am 27. November der Fachöffentlichkeit vorgestellt und fließen in die Arbeit des Kompetenzzentrums Digitalisierung und Pflege ein. Hier werden auch permanent Leitfäden, Schulungen und Informationsmaterial rund um das Thema Digitalisierung entwickelt und kostenfrei zur Verfügung gestellt. Langfristig bilden die Ergebnisse aus dem Modellprogramm die Grundlage für die Entwicklung bundesweiter Standards. 

Schon jetzt zeigt sich: Telepflege kann ein wichtiger Baustein einer modernen Pflege sein – und dazu beitragen, Versorgung auch dort sicherzustellen, wo Ressourcen knapp oder Distanzen groß sind.