Claudia ist Inhaberin eines ambulantes Pflegedienstes und erzählt, wie sie für gute Bedingungen für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgt.
Hinweis: Die hier veröffentlichten Antworten geben die Sichtweise der jeweiligen Absender wieder und nicht die fachliche oder juristische Position des Bundesministeriums für Gesundheit.
Claudia: »In unserem Stadtgebiet wohnen 18.000 Menschen und dazu ist es ein altes Stadtgebiet mit vielen Pflegebedürftigen. Auch der Anteil der Behandlungspflegen ist groß, da viele Patientinnen und Patienten keine Unterstützung durch Angehörige bekommen. Es war am Anfang für uns schwer auszuhalten, Menschen abzuweisen – besonders wenn diese Schwierigkeiten hatten, einen Pflegedienst zu finden. Wir haben dann bei der Suche unterstützt. Dank unserer Kooperation mit einem Pflegedienst, der andere Stadtteile abdeckt, konnten wir in der Regel alle Patientinnen und Patienten unterbringen.
Natürlich war dazu die Sorge, ob wir genug Patientinnen und Patienten bekommen, um mein Team auszulasten. Aber Umsatz ist nicht gleich Gewinn, es macht keinen Sinn, längere Fahrzeiten auf uns zu nehmen und damit Ressourcen zu verschwenden. Es war ein Weg über zwei Jahre, denn natürlich haben wir ja unsere Pflegebedürftigen solange in weiter entfernten Stadtteilen versorgt, bis wir aus den unterschiedlichsten Gründen nicht mehr gebraucht wurden.
Es gibt in Kiel zwar viele Anbieter, aber ich habe das Gefühl, dass viele Menschen, die eine aufwändigere Versorgung brauchen, nur schwer einen Dienst finden. Durch die Begrenzung des Umkreises konnten wir aber mehr Pflegebedürftige in der gleichen Zeit versorgen. Andere Pflegedienste haben unser Beispiel übernommen, sodass am Ende viele Patientinnen und Patienten davon profitieren.«
Claudia: »Wir hatten vor Corona schon alle Teamevents geplant. Dazu gehörte eine Klausurtagung mit unseren sieben Azubis und drei Praxisanleiterinnen mit Teamtraining am Strand und zwei Aida Reisen mit Rollstuhlfahrern. Am ersten November dieses Jahres wollten wir ein großes Jubiläum feiern. Das ist jetzt alles wegen Corona flachgefallen und auf nächstes Jahr umgebucht, in der Hoffnung, dass es dann stattfinden kann.
Als Alternative biete ich jetzt meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ab Herbst eine Ferienwohnung in Büsum für zehn Euro Kostenbeitrag am Tag an. Parallel können sie ab August die sogenannte „Urlaubsabgeltung“ beantragen. Das ersetzt zwar kein Teamtraining oder Event, trägt aber trotzdem zur Motivation bei. Und ,Vorfreude ist die schönste Freude', verschoben ist ja nicht aufgehoben.«
Claudia: »Die Frage trifft einen wunden Punkt bei uns. Ja – wir könnten unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit diesen Qualifikationen wunderbar auch zu Zeiten einsetzen, wo in der Regel nicht mehr viel zu tun ist. Es ist für die Pflegebedürftigen in Kiel schwer, einen Pflegedienst für genau diese Einsätze zu finden. Aber wir bekommen in Schleswig-Holstein nur 10,61 Euro pro Einsatz – inklusive der Anfahrt. Jegliche Versuche, einen besseren Satz oder noch besser eine Stundenvergütung zu beantragen, wurden von den Kassen abgelehnt. Deshalb lehnen wir Patientinnen und Patienten außerhalb unseres direkten Einsatzbereichs ab. Wir hoffen, das der Druck auf die Kassen größer wird. Es kann nicht sein, dass wir mit gut ausgebildeten Fachkräften in den Einsätzen immer ärmer werden. Das ist demotivierend und frustrierend für uns alle.«
Claudia ist Inhaberin eines ambulantes Pflegedienstes mit rund 60 Mitarbeitenden in Schleswig-Holstein.
„Zuhören, zuhören, zuhören. Hinschauen. So würde ich unser Betriebsgeheimnis beschreiben. Wenn es ausnahmsweise mal schlechte Stimmung gibt bei uns, dann liegt es meist daran, dass ich nicht klar genug kommuniziert hab oder ein Gespräch ausgelassen habe. Deshalb: Lieber einen Anruf mehr machen als einen zu wenig. Ärger löst sich so viel schneller auf.
Wie wichtig gute Gespräche sind, hat sich bei uns gerade in den letzten Wochen und Monaten gezeigt. Die Kolleginnen und Kollegen hatten wegen der Corona-Pandemie einerseits sehr viele Fragen und Ängste. Gleichzeitig gab es immer weniger Gelegenheiten, sich zu begegnen und direkt miteinander zu sprechen. Denn um den Stau vor dem Schlüsselkasten zu vermeiden und Infektionsketten zu unterbrechen, haben wir Dienste gestreckt und auf klassische Teambesprechungen verzichtet. Damit der Kommunikationsfluss erhalten bleibt, habe ich in den letzten Wochen so viel telefoniert wie noch nie. Wir haben eine Messengergruppe gegründet und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben ein Diensthandy bekommen. Das hat sehr geholfen. Leider erfüllt es aber nicht das Bedürfnis meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sich zu sehen. Um Dienstbesprechungen in Corona-Zeiten möglich zu machen, haben wir jetzt umstrukturiert und drei neue Teams gebildet.
Generell setze ich auf eine wohlwollende und wertschätzende Mitarbeiterführung. Dazu gehören zum Beispiel freie Tage und eine vorausschauende Urlaubsplanung. Ich habe viel Vertrauen in die Kompetenzen meiner Mitarbeiter und schätze ihre Ideen. Zudem bilde ich seit vielen Jahren aus, der Anteil an examinierten Pflegekräften ist bei uns dadurch extrem hoch. Als wir vor zwei Jahren herausfanden, dass der größte Stressfaktor für meine Mitarbeitenden lange Fahrzeiten und die Parkplatzsuche sind, habe ich entschieden, nur noch Pflegebedürftige im Umfeld von eineinhalb bis zwei Kilometern aufzunehmen und e-Bikes angeschafft.
Wichtig ist mir außerdem, allen gute Perspektiven zu bieten. Für die Jüngeren gehört dazu vor allem die Weiterbildung – daher haben wir Kooperationen geknüpft für Fortbildungen zum Wundmanager oder zur Ernährung bei Krebs. Um Ältere bis zum Rentenalter beschäftigen zu können, baue ich gerade eine Tagespflege auf. Alleine das Wissen der Mitarbeitenden, dass sie innerhalb des Betriebs wechseln können, verringert ihre Sorgen.
Natürlich sind auch gute Gehälter, hohe Zuschläge und so weiter wichtig. Darüber hinaus steigt die Motivation bei uns im Team vor allem über gemeinsame Events – von der Weihnachtsfeier über das Teamtraining bis zu Kreuzfahrten mit unseren Klientinnen und Klienten. Ich hoffe daher sehr, dass zumindest ein Besuch im Hochseilgarten bald wieder möglich sein wird!“
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