Wie man in Corona-Zeiten seine Teams stärken kann, berichtet Sven, Geschäftsführer und Pflegedienstleiter eines ambulanten Palliativpflegedienstes.
Hinweis: Die hier veröffentlichten Antworten geben die Sichtweise der jeweiligen Absender wieder und nicht die fachliche oder juristische Position des Bundesministeriums für Gesundheit.
Sven: »Die Anfänge waren etwas holprig, bis alle mit dem Videochat-Programm zurecht kamen. Mittlerweile läuft es aber sehr gut. Wir haben Regeln festgesetzt, zum Beispiel wer wann sprechen darf. Damit läuft die Informationsweitergabe sehr gut und das Team ist sehr zufrieden darüber, dass auch wieder ein persönlicher Austausch stattfindet. Wir haben das Programm auf allen Diensthandys und Tablets installiert. Damit arbeiten wir jetzt seit drei Wochen.«
Sven: »Wir haben unsere Dienstpläne komplett für die Monate April, Mai, Juni so angepasst, dass alle, die von der Notbetreuung betroffen sind, zur Zeit nur noch die speziellen „Eltern-Dienste“ machen. Arbeitsvorgänge wurden so angepasst, dass weniger Früh- und Spätdienste notwendig sind.«
Sven: »Als ambulanter Dienst haben wir den monatlichen Dienstplan für die Mitarbeitenden und einen wöchentlichen Tourenplan für die Patientinnen und Patienten. Dieser wird, wenn nötig, täglich angepasst, um Covid-19-Patientinnen und -Patienten dort einzuplanen mit den entsprechenden notwendigen Zeiten. Und sie werden immer für das Ende der Tour eingeplant, damit nachfolgende Patientinnen und Patienten nicht gefährdet werden. Wir achten hier auch darauf, dass Mitarbeitende, die einer Risikogruppe angehören, diese Patientinnen und Patienten nicht versorgen und möglichst immer die gleichen Mitarbeitenden den Patienten oder die Patientin versorgen, je nachdem, wie es der Dienstplan hergibt.«
Sven: »Wir erleben gerade eine Ausnahmesituation. Da finde ich es wichtig, als Arbeitgeber auch mal unbürokratisch zu handeln. Schutzkleidung haben wir zum Beispiel frühzeitig beschafft, als es noch keine Aussage zur Kostenübernahme gab. Ich denke, im Zweifel muss man in Vorleistung gehen, um seine Mitarbeitenden zu schützen. Eine Mundschutzpflicht haben wir schon vor vier Wochen eingeführt. Die Leitungsebene arbeitet weiterhin im Büro und die Türen stehen offen. Es ist uns wichtig, dass ein Austausch von Angesicht zu Angesicht nach wie vor möglich ist.
Zeichen der Wertschätzung
Wir planen gerade die Einführung von Übergaben per Videochat. In den letzten Wochen konnten Übergaben allerdings gar nichtstattfinden. Dadurch entfielen pro 8-Stunden-Schicht rund 1,5 Stunden an Arbeitszeit. Die Schichten wurden aber trotzdem voll bezahlt. Auch wenn das ein Minus für den Betrieb ist, braucht es aus meiner Sicht solche Signale in Zeiten der Anspannung. Auch sonst achten wir auf kleine Aufmerksamkeiten wie eine gut gefüllte Küche mit Snacks und Getränken.
Sonderzuschlag
Sobald der Sonderbonus für Pflegekräfte im Gespräch war, haben wir überlegt, wie wir das gerecht und pragmatisch umsetzen können. Unsere Mitarbeitenden bekommen nun im April und Mai einen Tageszuschlag von 50 Euro, bis die vorgesehenen 1.500 Euro ausgeschöpft sind. So möchten wir zur Motivation unserer Mitarbeitenden beitragen. Tatsächlich haben wir aktuell einen so geringen Krankenstand wie schon seit Jahren nicht mehr, sodass wir sogar Personal an andere Institutionen ausleihen.
Mehr Zeit, wo sie gebraucht wird
Auch bei uns gibt es Coronafälle. Für diese Patientinnen und Patienten planen wir 30 Minuten mehr Zeit ein, um sicherzustellen, dass unsere Mitarbeitenden alle Schutzvorkehrungen gründlich durchführen können. Flexibilität ist bei allen gefragt: Per Infoschreiben haben wir Patientinnen und Patienten informiert, dass die Abläufe aktuell etwas anders sind als gewohnt. Die meisten haben positiv reagiert. Um auf die aktuelle Lage reagieren zu können, trifft sich jeden Morgen unser Krisenstab, Abstimmungen finden auch über eine WhatsApp-Gruppe statt.
Zeit für Familie und Beruf
Auch unabhängig von der Corona-Pandemie haben wir für Elternteile, die ihre Kinder in eine Betreuungseinrichtung bringen, sogenannte „Mutti- oder Vatidienste“. Diese gehen von 8 bis 16 Uhr, aktuell sogar nur von 8.30 bis 15.30h, weil die Notbetreuung in Hamburg nur von 8 bis 16 Uhr angeboten wird.
Als die Kitas geschlossen wurden, haben wir innerhalb weniger Tage in unseren Räumlichkeiten eine Kinderbetreuung organisiert, die zwei Büromitarbeiterinnen durchgeführt haben. Über zwei Wochen haben wir dort zehn Kinder betreut. In dieser Zeit konnten die Mitarbeitenden sich um eine Notfallbetreuung kümmern. Wir hätten die betreffenden Mitarbeitenden zwar auch freistellen können, aber von vielen haben wir das Feedback bekommen, dass sie gerade jetzt unbedingt weiterarbeiten möchten. Und das ermöglichen wir allen so gut es geht. Aktuell planen wir den Einsatz weiterer digitaler Angebote, zum Beispiel eine virtuelle Dienstbesprechung mit allen Mitarbeitenden oder auch Supervisionen per Videokonferenz.«
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