Aus dem Ausland angeworbene, gut ausgebildete Pflegekräfte helfen, dem Fachkräftemangel in Deutschland entgegenzuwirken. Was können Arbeitgeber tun, um sie gut zu begleiten und zu integrieren? Darüber haben wir mit Dr. Sarina Strumpen, Projektleiterin des Deutschen Kompetenzzentrums für internationale Fachkräfte in den Gesundheits- und Pflegeberufen, gesprochen.
Eine Erwerbsmigration betrifft das ganze Leben. Diese Menschen sehen sich mit vielen neuen Aufgaben konfrontiert, die alle gleichzeitig auf sie zukommen: Sie müssen nicht nur an ihrem neuen Arbeitsplatz ankommen, die Strukturen und Abläufe kennenlernen, sondern auch das berufliche Anerkennungsverfahren absolvieren, um die staatliche Berufszulassung zu erlangen. Darüber hinaus lernen sie eine neue Sprache, auf der sie direkt wichtige, fachliche Kommunikation führen müssen. Sie suchen Wohnraum, den sie dann auch einrichten und zu einem Zuhause machen möchten. Und nicht zuletzt geht es darum, sich ein neues Privatleben aufzubauen und Freundschaften zu knüpfen.
Die Arbeitgeber sollten sich genau diese Fragen stellen: Vor welchen Herausforderungen stehen die angeworbenen Fachkräfte und was brauchen sie, um diese zu bewältigen? Was heißt es für die Person genau, wenn ich sie einlade, bei mir zu arbeiten? Es kommt erstmal vor allem auf ein Bewusstsein und Verständnis für ihre Situation an. Im nächsten Schritt geht es darum, zu schauen, was der Arbeitgeber dafür tun kann, um die internationalen Pflegekräfte zu unterstützen und ihnen hier einen guten Start zu ermöglichen. Das kann ganz unterschiedlich aussehen und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Den einen goldenen Pfad gibt es nicht, weil es zum Beispiel ein großer Unterschied ist, ob jemand zu einer Uniklinik, in ein Altersheim oder zu einem ambulanten Pflegedienst kommt. Wichtig ist, Lösungen gemeinsam im Gespräch zu erarbeiten, um Bedürfnisse, Erwartungen und Möglichkeiten beider Seiten gegeneinander abzuwägen. Das partnerschaftliche Aushandeln auf Augenhöhe kommt oft zu kurz.
Ein wichtiger Aspekt ist eine gute Planung des beruflichen Anerkennungsprozesses. Das ist ein sehr existenzieller Punkt, weil Arbeitserlaubnis und Aufenthaltsgenehmigung davon abhängen. Dementsprechend ist das Interesse groß, so schnell wie möglich die Berufszulassung zu erlangen. Dafür sollte zum Beispiel schon vor der Einreise geklärt sein, ob der Arbeitgeber für die Pflegekraft ermöglicht, in der Einrichtung an einem Anpassungskurs teilzunehmen oder ob die Pflegekraft stattdessen bei einem Bildungsträger einen Vorbereitungskurs für eine Kenntnisprüfung absolvieren soll.
Am Arbeitsplatz selbst kommt es auf ein gutes Onboarding an. Eine Fachkraft aus dem Ausland hat andere Bedarfe als eine, die in Deutschland die Ausbildung absolviert hat und bestimmte Strukturen und Abläufe schon kennt. Dementsprechend muss auch das Einarbeitungskonzept angepasst werden. Dazu gehört es auch, die einarbeitenden Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen entsprechend zu schulen und das Team hinsichtlich einer Willkommenskultur zu sensibilisieren. Häufig erweisen sich zusätzliche Buddy-, Mentoring- oder Patenschaftskonzepte als sinnvoll – entweder auf fachlicher Ebene, als Begleitung im Arbeitsalltag oder als Brücke ins Privatleben. So kann sich ein Arbeitgeber dafür einsetzen, dass eine Person auch außerhalb des Berufsumfeldes gut ankommt. Jedoch sollte er sich dabei seiner Grenzen bewusst sein. Arbeitgeber verantworten die Unterstützung für das berufliche und betriebliche Ankommen und können gegebenenfalls Brücken in andere Bereiche schlagen. Denn das Privatleben sollte nicht zu sehr vom Arbeitgeber abhängen. Eine gute Möglichkeit ist zum Beispiel, für ein Jahr den Beitrag für einen Sportverein oder einen Musikkurs zu zahlen, um dort Anknüpfungspunkte zu schaffen. Der Arbeitgeber sollte sich kümmern, aber eben im Rahmen seiner Rolle.
Der „Werkzeugkoffer Willkommenskultur & Integration“ des Deutschen Kompetenzzentrums für internationale Fachkräfte in den Gesundheits- und Pflegeberufen des Kuratoriums Deutsche Altershilfe (KDA) beinhaltet weitere Maßnahmen, die internationalen Fachkräften das Ankommen erleichtern.
Das Projekt „Integration und Fachkräftesicherung im Gesundheitswesen (INGE)“ zeigt, wie Menschen mit Zuwanderungsgeschichte für die Pflege gewonnen und beruflich gut integriert werden können. Ein Interview mit Projektleiterin Shilan Fendi.