Begutachtung (Pflegeversicherung)

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Definition

Stand: 07. Oktober 2021

Grundsätzlich kann Pflegebedürftigkeit im Sinne des Gesetzes in allen Lebensabschnitten auftreten. Damit Leistungen von der Pflegeversicherung in Anspruch genommen werden können, muss ein Antrag bei der Pflegekasse gestellt werden. Sobald dieser gestellt wurde, beauftragt die Pflegekasse den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) oder andere unabhängige Gutachterinnen oder Gutachter mit der Prüfung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit. Im Auftrag der Pflegekassen überprüfen der MDK oder andere unabhängige Gutachterinnen und Gutachter, ob die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit erfüllt sind und welcher Grad der Pflegebedürftigkeit vorliegt. Bei knappschaftlich Versicherten erstellt das Gutachten der Sozialmedizinische Dienst (SMD). Bei privat Versicherten erfolgt die Begutachtung durch MEDICPROOF.

Die angemeldete Begutachtung erfolgt in der Regel im Wohnbereich der Antragstellerin oder des Antragstellers durch eine Gutachterin beziehungsweise einen Gutachter (Pflegefachkraft oder Ärztin beziehungsweise Arzt). Im Rahmen der Begutachtung haben der MDK oder andere Gutachterinnen und Gutachter durch eine Untersuchung der versicherten Person die Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten in sechs Bereichen (Mobilität, kognitive und kommunikative Fähigkeiten, Verhaltensweisen und psychische Problemlagen, Selbstversorgung, Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen, Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte) sowie die voraussichtliche Dauer der Pflegebedürftigkeit zu ermitteln. Bei pflegebedürftigen Kindern wird der Pflegegrad durch einen Vergleich der Beeinträchtigungen ihrer Selbstständigkeit und ihrer Fähigkeiten mit altersentsprechend entwickelten Kindern ermittelt.

Eine Besonderheit besteht bei der Begutachtung von Kindern bis zu 18 Monaten. Kinder dieser Altersgruppe sind von Natur aus in allen Bereichen des Alltagslebens unselbstständig. Damit auch diese Kinder einen fachlich angemessenen Pflegegrad erlangen können, werden bei der Begutachtung die altersunabhängigen Bereiche wie „Verhaltensweisen und psychische Problemlagen“ und „Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen“ einbezogen. Darüber hinaus wird festgestellt, ob es bei dem Kind gravierende Probleme bei der Nahrungsaufnahme gibt, die einen außergewöhnlich intensiven Hilfebedarf auslösen. Bei Kindern ist die Prüfung der Pflegebedürftigkeit in der Regel durch besonders geschulte Gutachterinnen und Gutachter des MDK oder andere unabhängige Gutachterinnen und Gutachter mit einer Qualifikation als Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen oder -pfleger beziehungsweise als Kinderärztin oder -arzt vorzunehmen.

Die gesetzlich vorgegebene Bearbeitungsfrist für Anträge auf Pflegeleistungen beträgt 25 Arbeitstage. Bei einem Aufenthalt im Krankenhaus oder in einer stationären Rehabilitationseinrichtung muss die Begutachtung durch den MDK oder andere unabhängige Gutachterinnen oder Gutachter innerhalb einer Woche erfolgen, wenn dies zur Sicherstellung der weiteren Versorgung erforderlich ist oder die Inanspruchnahme einer Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz oder Familienpflegezeitgesetz gegenüber dem Arbeitgeber angekündigt wurde. Die einwöchige Begutachtungsfrist gilt auch für den Fall, dass sich die antragstellende Person in einem Hospiz befindet oder ambulant palliativ versorgt wird. Befindet sich die Antragstellerin beziehungsweise der Antragsteller in häuslicher Umgebung, ohne palliativ versorgt zu werden, und wurde die Inanspruchnahme einer Freistellung nach dem Pflegezeitgesetz oder nach dem Familienpflegezeitgesetz gegenüber dem Arbeitgeber angekündigt, gilt eine Bearbeitungsfrist von zwei Wochen.

Die Pflegekasse ist zudem verpflichtet, der Antragstellerin oder dem Antragsteller mindestens drei unabhängige Gutachterinnen beziehungsweise Gutachter zur Auswahl zu benennen, wenn innerhalb von 20 Arbeitstagen ab Antragstellung keine Begutachtung erfolgt ist. Erteilt die Pflegekasse den schriftlichen Bescheid über den Antrag nicht innerhalb von 25 Arbeitstagen nach Eingang des Antrags oder werden die verkürzten Begutachtungsfristen nicht eingehalten, hat die Pflegekasse nach Fristablauf für jede begonnene Woche der Fristüberschreitung unverzüglich 70 Euro an die Antragstellerin oder den Antragsteller zu zahlen. Dies gilt nicht, wenn die Pflegekasse die Verzögerung nicht zu verantworten hat oder wenn sich die antragstellende Person in vollstationärer Pflege befindet und bereits erhebliche Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder ihrer Fähigkeiten (Pflegegrad 2) festgestellt sind. Das Gutachten wird der Antragstellerin oder dem Antragsteller durch die Pflegekasse übersandt, sofern sie oder er der Übersendung nicht widerspricht. Es ist auch möglich, die Übermittlung des Gutachtens zu einem späteren Zeitpunkt zu verlangen.

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