Professionsbewusstsein

Das Aufgabenfeld der Pflegekräfte ist enorm groß. Sie lindern Beschwerden, spenden Trost, unterstützen bei Verrichtungen des täglichen Lebens und retten Leben! Mit einem umfangreichen medizinischen Wissen, Respekt, Fürsorglichkeit und Zuwendung geht eine Pflegekraft auf die Interessen, Bedürfnisse und Werte von Menschen mit Beeinträchtigungen aufgrund ihres Alters oder einer Krankheit ein. Der Pflegeberuf ist somit ein Zusammenspiel zwischen Fachkompetenz, persönlicher Kompetenz und Sozialkompetenz.

Eine Gewährleistung der medizinischen Versorgungsleistung ist nur mit Hilfe von ausreichend Pflegepersonal gegeben. Ohne Pflegekräfte würde es nicht funktionieren! Aufgrund dessen ist es zwingend, die Bedeutung, die Werte und die Kompetenzen, die für den Pflegeberuf notwendig sind, zu schärfen. Sowohl für das Bewusstsein der Gesellschaft als auch für Sie selbst.

 

Die Bearbeitungszeit dieses Lernobjekts beträgt ca 30-45 min.

Pflege ist ein beeindruckender und bedeutsamer Beruf, der nicht ersetzbar ist. Im Zentrum steht unmittelbares Wohltun für andere Menschen unter Berücksichtigung von Körper, Seele und Geist. Hierbei sind viele Kenntnisse sowie eine anspruchsvolle Ausbildung oder ein Studium notwendig. Das theoretische und praktische Wissen aus Pflegebildung und -wissenschaft, Medizin, Pharmakologie sowie Recht und Ethik muss ständig erneuert und durch zahlreiche Fort-und Weiterbildungen spezialisiert werden. Um sich in Patient*innen hineinzuversetzen, ihre individuellen Bedürfnisse zu erkennen und den richtigen Ton zu treffen, verfügen Pfleger*innen über eine hohe soziale Kompetenz. Zudem sind sie die wichtigste Schnittstelle zwischen dem ärztlichen Personal und den Patient*innen. Hinzu kommt die überaus große Verantwortung, die Pflegende für ihre Patient*innen auf sich nehmen.

Sie sind also nicht nur Pflegekraft, sondern auch ein*e Freund*in für Ihre Patient*innen, Seelsorger*in, Lebensbegleiter*in, Krisenmanager*in, Therapeut*in, Vermittler*in, Apotheker*in, eine Vertrauensperson und ganz viel mehr. Ihren Fähigkeiten und vielfältigen Kompetenzen sind keine Grenzen gesetzt. Doch sind Sie sich dessen auch bewusst? Überlegen Sie mal, über welche Kompetenzen Sie in Ihrem Beruf verfügen. Und vergessen Sie nicht: ohne Sie als Pflegekräfte würde in Krankenhäusern und medizinischen Einrichtungen nichts funktionieren. Es ist enorm wichtig, dass Sie der Gesellschaft bewusstmachen, wieviel Fachkompetenz für einen Beruf in der Pflege tatsächlich erforderlich ist und über welche tollen Kompetenzen Sie als Profis verfügen. Das müssen Sie sich immer wieder vergegenwärtigen und damit Folgendes verinnerlichen: „Ich bin eine kompetente Fachkraft und verdiene Wertschätzung.“

Warten Sie nicht darauf, dass die Politik oder Andere für mehr Zufriedenheit und Wertschätzung für den Pflegeberuf sorgt. Seien Sie selbst die Veränderung. Sprechen Sie wertschätzend mit sich selbst, seien Sie sich Ihrer Kompetenzen bewusst, treten Sie selbstbewusst auf, sprechen Sie in und über die Arbeit so, dass man Ihre Kompetenzen wahrnimmt und Ihnen Wertschätzung entgegenbringt.

Hierfür ist Einsicht gefragt, denn die Gesellschaft weiß kaum etwas darüber, welche guten Momente Pflegeprofis in ihrem Beruf erleben. Genau dies wäre nötig, um den Beruf nach außen sichtbarer zu machen und aufzuwerten. Dann können Sie auch mit einer höheren Wertschätzung aus Ihrem Umfeld rechnen.

 

Kommen wir zu der Frage, was denn Berufsstolz überhaupt ist
 
Stolz ist eine positive Emotion als Reaktion auf das Erreichen eines Ziels und auf Geleistetes – verbunden mit der persönlichen Bewertung, dass dies etwas Besonderes und Anerkennenswertes ist (Fredrickson, 2011).
Im Laufe eines Lebens erreicht man eine Reihe von Zielen, auf die man anfangs ungemein stolz ist und die man später als Selbstverständlichkeit bewertet. Als Kind ist man stolz, Fahrrad fahren zu können und stolz, endlich ein Schulkind zu sein. Später ist man stolz auf den Schulabschluss oder den Führerschein ­– auch wenn man vielleicht mehr Anläufe als andere brauchte. Man ist stolz auf das Fußballteam oder die Tanzgruppe, wenn sie in die nächste Liga aufgestiegen ist.
 
Stolz kann sich auf die eigenen Leistungen oder die eines Teams oder der Einrichtung beziehen (Fredrickson, 2011).
Berufsstolz ist der Stolz auf den Berufsstand, dem man angehört und drückt das Gefühl bzw. die Überzeugung aus, dass dieser wirklich etwas Wertvolles und Anerkennenswertes leistet. Berufsstolz ist, sich der Leistungen und des eigenen Wertes bewusst zu sein. Sowohl man selbst als auch die Wertschätzung von außen beinflussen den Berufsstolz. Dazu gehört die Anerkennung von Pflegebedürftigen und Angehörigen, von Kooperationspartner*innen, Vorgesetzten, Kolleg*innen und auch der Gesellschaft (Zegelin, 2021).

Im Rahmen des Projektes wurden mit Pflegenden unterschiedliche Ebenen der beruflichen Kommunikation und Wertschätzung bzw. des Berufsstolzes bei Pflegenden untersucht. Hier wurden auch die Treiber, die Berufsstolz verstärken können, ebenfalls erhoben:

Von zentraler Bedeutung ist dabei, mit der eigenen Expertise wahrgenommen zu werden. So geben 81,4% an, dass es ihren Berufsstolz befördert, wenn Kolleg*innen bei pflegerischen Problemen um Rat fragen. Ebenso förderlich (80,8%) ist es, wenn die Arbeit so wie geplant umgesetzt werden konnte. Die direkte Kommunikation mit Patient*innen ist ebenso von großer Bedeutung. Deutlich wird dies daran, dass 79,4% angeben, Stolz zu erleben, wenn sich die betreuten Menschen freuen, wenn man zum Dienst kommt. Weniger wichtig hingegen scheint es zu sein (45,8%), wenn der Einrichtung durch eine Prüfung von außen (z.B. Medizinischer Dienst) eine gute pflegerische Versorgung bescheinigt wird (Isfort, 2023, S.15).
 

Wie kann man den Berufsstolz aber noch in den Fokus rücken? Das kann mit Hilfe folgender Punkte des Pflegenetzwerks Deutschlands gelingen:

  • Pflegekonzepte beschreiben: Pflegekräfte sollten das Konzept hinter ihren Tätigkeiten herausstellen. Das vermittelt die Hintergründe und Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit.
  • Komplexität verdeutlichen: Wer seine Tätigkeit stark vereinfacht beschreibt, kann nicht erwarten, von anderen Anerkennung dafür zu bekommen. Deswegen sollten Pflegekräfte die Komplexität ihrer Arbeit herausheben.
  • Sprachniveau an Zielgruppe und Kontext anpassen: Gesellschaftliche Wertschätzung setzt voraus, dass die Menschen verstehen, welche Kompetenzen Pflegekräfte haben. Sie sollten in angemessener Art und Weise vermittelt werden.
  • Selbstbewusste Körpersprache zeigen: Eine aufrechte und offene Haltung vermittelt Selbstbewusstsein (Pflegenetzwerk Deutschland, 2022).

 

Buchempfehlung und Podcast

In ihrem Mutmachbuch „Berufsstolz in der Pflege“ zeigen Prof. Dr. Angela Zegelin (Krankenschwester und Erziehungs- und Pflegewissenschaftlerin) und Dr. German Quernheim (Gesundheits- und Krankenpfleger, Diplom-Pflegepädagoge und Pflegewissenschaftler), wie eng Berufsstolz mit Identität, Mut und Sinnhaftigkeit verwoben ist.

Zum Buch: Link

Podcast: Berufsstolz in der Pflege (German Quernheim) Der Podcast für die Pflege.

In dem Podcast sprechen die Gesundheits- und Krankenpflegerinnen Clara Goll und Caroline Körner mit dem Pflegewissenschaftler Alexander Hochmuth und German Quernheim über Berufsstolz und das Mutmachbuch. German Quernheim berichtet, was Stolz eigentlich ist, woran es im Pflegeberuf mangelt und gibt Aufschluss darüber, was man tun kann, um mehr Berufsstolz zu erlangen. Was macht den Pflegeberuf aus? Was ist das Besondere an Pflege? Dies sind Themen der Folge.