Zwischenmenschliche Kommunikation ist ein komplexer Prozess. Kommunikationsmodelle veranschaulichen den Prozess der Kommunikation. Sie zeigen, welche Faktoren bei der Kommunikation von Bedeutung sind, welche Probleme auftreten können und wie sich diese bewältigen lassen. Auf das Sender-Empfänger-Modell von Claude Shannon und das 1. Axiom der Kommunikation von Paul Watzlawick wurde eingangs bereits Bezug genommen. Auf weitere Axiome der Kommunikation, die den Zusammenhang von Kommunikation und Beziehungen beleuchten sowie das „Vier-Ohren-Modell“ von Friedemann Schulz von Thun und das Modell der „Gewaltfreien Kommunikation“ nach Rosenberg wird hier nur in sehr komprimierter Form eingegangen. Diese Modelle sind aus der Pflegeausbildung in der Regel bekannt. Bei Bedarf und Interesse können Erklärvideos zur Auffrischung angeschaut werden. Ergänzend wird das Inselmodell von Vera Birkenbihl vorgestellt. Es zeigt anschaulich, die Gründe für Schwierigkeiten und Missverständnisse in der Kommunikation auf.
Paul Watzlawick hat als zweites Axiom der Kommunikation formuliert: Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt. In einem Gespräch geht es nicht nur um die Weitergabe von Informationen und Sachverhalte (Inhaltsaspekt).
Wenn wir kommunizieren, definieren wir zugleich unsere Beziehung zu der Person, mit der wir reden (Beziehungsaspekt) (Watzlawick et al., 2011, S. 57-81).
In der Art und Weise der Kommunikation sind Hinweise enthalten, wie der*die Sender*in die Beziehung zwischen sich und dem*der Empfänger*in sieht. Der Beziehungsaspekt ist weniger augenfällig, aber mindestens genauso wichtig, wie die inhaltlichen Informationen.
Wenn Frau Adam auf die Halskette von Frau Braun deutet und fragt: „Sind das echte Perlen?“, so ist der Inhalt ihrer Frage ein Ersuchen um Information. Gleichzeitig definiert sie damit auch ihre Beziehung zu Frau Braun. Die Art wie sie fragt wird entweder wohlwollende Freundlichkeit, Neid, Bewunderung oder irgendeine andere Form der Einstellung ausdrücken.
Auch eine so einfache Frage wie: „Gehen Sie heute wieder ins Restaurant?“, ist nur scheinbar eindeutig zu verstehen. Auf der Inhaltsebene versteht jede*r, worum es hier geht. Aber erst die Art, wie diese Frage gestellt wird, vermittelt ihren ganzen Bedeutungsgehalt. Ist es reines Interesse, will jemand wissen, was eine Person am Abend vor dem freien Wochenende macht und ob die Person ins Restaurant gehen will? Schwingt möglicherweise im Tonfall ein leichter Vorwurf oder Neid mit? „Gehen Sie heute Abend (etwa schon wieder) ins Restaurant?“ Oder verrät die Körperhaltung die Neugierde des Fragenden und die Hoffnung, vielleicht zum Mitkommen aufgefordert zu werden?
Ein Beispiel zur Anregung für die Praxis. Der Satz „Eintritt verboten!“ klingt beim ersten Hören wie eine reine Sachinformation. In der befehlsartigen Ausdrucksweise wird ein bestimmtes Hierarchiegefälle zu den Besucher*innen und die Erwartung zum Gehorsam ausgedrückt. Wenn auf dem Schild stehen würde „Bitte nicht eintreten“, bliebe zwar die Sachinformation dieselbe, doch die Beziehungsebene zwischen der Person, die das Schild beauftragt hat und den Adressat*innen wäre eine andere.
Das dritte Axiom von Paul Watzlawick lautet: „Die Natur einer Beziehung ist durch die Interpunktion der Kommunikationsabläufe seitens der Partner bedingt.“ (Watzlawick et al., 2011, S. 57-81).
Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass Kommunikation immer Ursache und Wirkung ist.
Das zweite Axiom besagt, dass unsere Beziehungen unsere Kommunikation prägen. Das dritte Axiom drückt aus, dass dasselbe auch umgekehrt gilt: unsere Beziehungen werden durch unsere Kommunikation geprägt.
Die Redewendung „Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus“ drückt vereinfacht das aus, was Paul Watzlawick als Interpunktion von Ereignisfolgen versteht: Wenn jede Kommunikationspartei die Ursache der eigene Kommunikationsreaktion auf die Reaktion des anderen schiebt, entsteht ein Teufelskreis, der die Beziehung zunehmend zerrüttet.
Der Mann interpretiert sein eigenes Verhalten, also sein Zurückziehen als Reaktion auf die ständigen Nörgeleien seiner Frau. Er schiebt die Ursache seiner eigenen Reaktion demnach auf das Verhalten seiner Frau. Das Ehepaar befindet sich schließlich in dem sogenannten Teufelskreis der Kommunikation. Das beschriebene Phänomen des Teufelskreises steht in enger Beziehung mit der sich selbst erfüllende Prophezeiung („self-fulfilling prophecy“). Es hat folgendes Muster: Ich bilde mir ein Urteil und sorge durch mein Verhalten unbewusst dafür, dass das Urteil bestätigt wird.
Die fünf Axiome nach Paul Watzlawick.
Zur Vertiefung des zuvor Gelernten können Sie sich den folgenden Film über die fünf Axiome nach Paul Watzlawick anschauen.
Der Psychologe Friedemann Schulz von Thun unterscheidet nicht nur zwischen einer Inhalts- und einer Beziehungsebene, er hat vier verschiedene Ebenen einer Nachricht herausgearbeitet.
Das Vier-Ohren-Modell wird auch Kommunikationsquadrat genannt. Es besagt, dass eine gesendete Botschaft vier Seiten beinhaltet – die Sachebene, die Appellebene, die Beziehungsebene und die Ebene der Selbstoffenbarung. Die gesendete Botschaft entstammt dabei den „vier Schnäbeln“ des*der Sendenden, die auf die „vier Ohren“ des*der Empfangenden treffen (Schulz von Thun, 2016).
Das 4 Ohren Modell nach Schulz von Thun
In diesem Video werden Ihnen die vier Seiten einer Nachricht vorgestellt.
Missverständnisse und Konflikte in der Kommunikation liegen vor allem in der Art und Weise, wie wir anderen etwas mitteilen. Marshall Rosenberg hat eine Kommunikationsmethode entwickelt, um verbale Gewalt Mitmenschen gegenüber und damit verbundene verletzte Gefühle möglichst zu vermeiden.
Bei dem Konzept „Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall Rosenberg“ geht es um eine besondere Art zu kommunizieren. Die Inhalte sind so zum*zur Empfänger*in zu transportieren, dass Empathie deutlich wird und der*die andere sich verstanden fühlt. Dazu gehört, die eigenen Bedürfnisse und nicht vermeintlichen Verfehlungen Dritter in den Vordergrund zu stellen (Rosenberg, 2003).
Die gewaltfreie Kommunikation (GFK) nach Rosenberg fußt dabei im Wesentlichen auf vier Schritten.
In diesem Video lernen Sie die vier Komponenten der GFK kennen. Wenn Sie diese Komponenten in Ihren Gesprächen einbauen, werden Sie mit Ihrem Gegenüber eine positive Konversation aufbauen, die Empathie und Respekt fördert und das wiederum für beide Seiten die Lebensqualität verbessern wird.
Sicherlich kennen Sie das auch, mit einigen Menschen ist man quasi auf der gleichen Wellenlänge und gelingt Kommunikation mühelos, mit anderen fällt die Verständigung schwer. Zwischenmenschliche Kommunikation wird durch zahlreiche Faktoren beeinflusst. Neben den äußeren Faktoren (Ort, Zeit, Situation etc.) bringen die an der Kommunikation beteiligten Menschen persönliche Faktoren mit: Werte, Einstellungen und Normvorstellungen aus ihrer Kultur und Biographie. Ihre Ausdrucksweise und ihre Wahrnehmung in der Kommunikation sind durch ihre Lebens- und Erfahrungswelt sowie mitunter durch Reaktions- und Interpretationsmuster aufgrund von Vorurteilen und Stereotypen geprägt.
Das Inselmodell ist eine Metapher für die individuellen Lebens- und Erfahrungswelten der Menschen. Jede*r Kommunikationspartner*in steht auf einer Insel und tritt mit seinen*ihren individuelle Weltansichten, Meinungen, Erfahrungen und Interessen in den Kommunikationsprozess ein.
In diesem Video erklärt Vera Birkenbihl das Inselmodell (Frank, 2019).
Es gibt keine Wahrheit, nur individuelle Wahrnehmungen. Wir gehen oft davon aus, dass unsere Sicht die wahre Sicht sei – zumindest richtiger als die der Anderen: „Das Gesagte ist so und nicht anders zu verstehen!“ Unsere Kommunikationsmuster (die Sprech- und Hörgewohnheiten) hängen von unserer Sozialisation und von unserer individuellen Geschichte ab, von unseren Erfahrungen und welche Erwartungen wir haben.
Begegnen wir Menschen, deren Insel der unseren sehr ähnlich ist, gibt es Überschneidungen bei den Haltungen, Standpunkten und Erwartungen. Je mehr Überschneidung es gibt, desto ähnlicher sind die Wahrnehmungs- und Reaktionsweisen. Ausgehend davon fällt die Kommunikation eher leicht und es treten aufgrund der Ähnlichkeiten weniger Missverständnisse in der Kommunikation auf.
Bei Menschen von anderen Inseln gibt es aufgrund der andersartigen Sozialisation, Werte und Erfahrungen keine oder nur wenig Überschneidungen. Die Kommunikation gestaltet sich schwieriger. Verbale und nonverbale Botschaften können eher falsch verstanden werden und daher Missverständnisse, Verletzungen und Konflikte auftreten. Menschen von anderen Inseln können Angehörige einer anderen Kultur oder Generation sein, die mit anderen Normen und Werten sowie Art und Weise der Kommunikation aufgewachsen sind. Selbst wenn ein Mensch aus demselben Kulturkreis und der gleichen Generation stammt, hat diese Person eventuell ein völlig anderes Wertegefüge, eine andere Sicht, was für Ausdrucksweisen angemessen und passend in einer Situation sind. Diese Person reagiert auf neutrale oder harmlose Bemerkungen in einer für den*die andere*n unverständlichen Weise. Zwischen den individuellen Lebens- und Erfahrungswelten besteht eine Distanz, die es durch Kommunikationsbrücken zu überwinden gilt.
Brücken bauen und gehen heißt aufeinander zuzugehen. Dazu gehört,
In der zwischenmenschlichen Kommunikation wird häufig zu viel vermutet oder unterstellt. Jede*r meint zu wissen, was der*die andere meint. Aber das ist oft nicht der Fall! Häufig gehen wir von uns aus, von unserer Sicht auf die Welt, von unserem Verständnis von Begriffen und legen unsere Bewertungsmaßstäbe an. So ist wirkliches Verstehen schwierig. Um den*die andere*n zu verstehen, seine*ihre Sicht kennenzulernen und seine*ihre Erwartungen zu erfahren, müssen wir mehr nachfragen und den*die andere*n zu Wort kommen lassen. Ein Grundsatz für gelingende Kommunikation lautet daher: Frage mehr und vermute weniger!
Im Praxisteil sind Hinweise rund um Fragetechniken aufgeführt.